Schallplatte mit Volker Rebell Beschriftung

2013/1 erstes Halbjahr, Januar bis Juni 2013


Kramladen in ByteFM

  am Donnerstag 20.06.13 von 23 - 24 Uhr (Wiederholung Samstag 22.06.13 von 14 - 15 Uhr), Thema:  

„I'm Walking" - was geht ab beim Gehen?

Der Mensch ist weder Sitzmöbel noch Couch-Kartoffel sondern ein Lauftier - evolutionsbiologisch betrachtet. Der Herrgott schenkte uns zwei Beine, damit wir laufend neue Erfahrungen machen können. „Walk On" sang der Prediger Bono, „Walk On The Wild Side" sang teuflisch gut Lou Reed. Und die Stones brachten es ebenso profan wie wirklichkeitsnah auf den Punkt: „Walkin' The Dog", Gassi geh'n.

GEHEN - ein leichtfüßiges Glück", so lautet der Titel eines neuen und lesenswerten Buches von Elisabeth Hör-Bogacz, das soeben erschienen ist. Im Klappentext preist der Verlag (Integral) den simplen Vorgang des Setzens eines Fußes vor den andern als leicht gangbares Vorankommen zum Weg der Erkenntnis: „Wer geht, sieht mehr, spürt mehr, entdeckt mehr. Weil unsere Sinne beim Gehen besonders wach sind, entstehen Spielräume für neue Eindrücke und überraschende Selbsterfahrungen. Gehen stärkt das Selbstbewusstsein, macht kreativ, gelassen und glücklich - der hektische Alltag wird spürbar entschleunigt."

Walk, Don't Run" empfahlen The Ventures schon 1959 im gleichnamigen Instrumental. Wer mit Muße flaniert, hat mehr vom Leben; deshalb sang Ulla Meinecke: „Schlendern ist Luxus!"

Als eine Art Retro-Twist musikalisch zwar zum Davonlaufen dröge, formulierte Mark Knopfler die Refrainzeile des Dire Straits-Hits von 1985 dennoch alltagsphilosophisch wie allgemeingültig: „Do The Walk Of Life"

Gehen ist „in", in aller Munde und auch in vielen Gemeinplätzen. z.B.:

Der Weg beginnt beim Gehen" - „Auch der längste Weg beginnt immer mit dem ersten Schritt" - „Den Weg nach innen gehen". - „Lass dich nicht gehen, geh selbst." Und die Popsongschreiber haben das Thema schon immer aufgegriffen, sozusagen am laufenden Band.

Walk The Walk" (Eric Bibb), „Take A Walk" (Laura Allen), „Walk Unafraid" (REM), „As We Walk In Fields Of Gold" (Sting)

Das Gehen, der Aufrechte Gang und das Nordic Walking sind Wesensmerkmale des Homo Sapiens Erectus. Schon Heinrich Heine wusste: „Beine hat uns zwei gegeben Gott der Herr, um fortzustreben, wollte nicht, dass an der Scholle unsre Menschheit kleben solle. Um ein Stillstandsknecht zu sein, genügte uns ein einzges Bein".

Übrigens: am 26. Juni beginnt der 113. Deutsche Wandertag. „Das Wandern ist des Müllers Lust" wird aber im Kramladen zum Thema „Walking" mit Sicherheit nicht zu hören sein - dafür ein paar Zitate aus dem neuen Buch „GEHEN - ein leichtfüßiges Glück" (ISBN 978-3-7787-9241-4, € 13,99)

Ein Beispiel: „Gehen ist rhythmische Bewegung. Ähnlich wie beim Tanz, der ja auch von Rhythmen lebt, kommt beim Gehen ein wesentlicher Aspekt zum Tragen: das Element der Wiederholung. Beim Gehen sind unsere Schritte gleichmäßig. Gerade diese unaufgeregte, monotone Gleichmäßigkeit kann uns, je bewusster und länger wir gehen, in einen Zustand der Selbstvergessenheit bringen."

Playlist für Kramladen am 20.06.13 : Artist / Track /Album / Label
0. diverse / I'm walking- Kollage / diverse / diverse
1. L. Shankar / Darlene (Kramladen-Themamusik) / Touch Me There / Zappa Records
2. Laura Allen / Take A Walk / Telegraph / SkyHighMusic, Hermans
3. U2 / Walk On / All That You Can't Leave Behind / Island, Mercury
4. Rufus Thomas / Walkin' The Dog / Stax 50th Anniversary Celebration / Stax, Concord Music
5. Eric Bibb / Walk The Walk / Home To Me / Ruf Records
6. R.E.M. / Walk Unafraid / Up / Warner Bros
7. The Fretless / Harder To Walk These Days Than Run / Waterbound / Magnetic Music
8. Laura Marling / Where Can I Go / Once I Was An Eagle / Universal
9. Clueso / Barfuss / So sehr dabei / download
10. Ulla Meinecke / Schlendern ist Luxus / Erst mal gucken, dann mal sehen / RCA
11. Afro Celt Sound System / Go On Through / Volume 3: Further In Time / Realworld, Virgin
12. Peter Huttlinger / Fields Of Gold (Hintergrundmusik) / Naked Pop / Favored Nations Acoustic


 

  am Donnerstag 06.06.13 von 23 - 24 Uhr (Wiederholung Samstag 08.06.13 von 14 - 15 Uhr), Thema: 

Volker Kriegel - zum 10. Todestag

Ein „milder Besessener". War er das? Jedenfalls nannte er seine famose Begleitband der Jahre 1975-86 „Mild Maniac Orchestra". Volker Kriegel, einer der großen deutschen Gitarristen zwischen Jazz, Fusion und Rock hätte in diesem Jahr seinen 70. Geburtstag feiern können. Er starb vor 10 Jahren, am 14. Juni 2003, überraschend während eines Urlaubs in Spanien offenbar an einem Herzinfarkt, nachdem er Jahre zuvor an Kehlkopfkrebs erkrankt war. Sein Freund Robert Gernhardt hatte ihm die „K-Gedichte" gewidmet: „Krankeit als Schangse". Gernhardt teilte mit Kriegel das gleiche Schicksal einer Krebserkrankung. Er sollte 2006 an Krebs sterben. Und auch der Musiker Kriegel schrieb Gedichte - ähnlich kurios, verspielt absurd und humorvoll wie Robert Gernhardt. Ein Beispiel: »Der Bär verspürt an manchen Tagen ein rätselhaftes Unbehagen. Ist es der Kopf? das Herz? der Magen? Kann er das Bier nicht mehr vertragen? - Zu diesen schweren Schicksalsfragen weiß auch der Bär nicht viel zu sagen.«

Großartige Cartoons und Buchillustrationen hat Volker Kriegel kreiert. Darüber hinaus machte er sich auch als Buchautor, Übersetzer, Erzähler, Dokumentarfilmer und Publizist einen Namen - erst recht natürlich als einer der führenden Jazzgitarristen und -komponisten Deutschlands. Der Autodidakt begann seine Musikerkarriere im Dave Pike Set. Später hatte er seine eigenen Bands, Spectrum und Mild Maniac Orchestra, gehörte zu den Gründungsmitgliedern des United Jazz and Rock Ensemble und des musiker-eigenen Plattenlabels Mood Records. Er entwickelte einen individuellen Gitarren- und Kompositions-Stil, der weit über bloße Reflexe auf die angloamerikanische Jazzrock-Herausforderung hinausging. Mit seinem Mild Maniac Orchestra gelang es ihm auf besondere Weise, mit Gespür und Virtuosität einen eigenen musikalischen Ansatz zu realisieren, was Klangnuancen, Stimmungsbilder und Spannungsbögen anging.

Volker Kriegel wird im Verlaufe dieses „Kriegel-Jahres", in dem ja auch sein 70. Geburtstag zu würdigen ist, gleich mehrfach geehrt. Die Stadt Wiesbaden, in der er lange Jahre lebte, zeigt vom 14. Juni bis 18. August eine Kunstausstellung mit ca. 100 Exponaten (Cartoons, Illustrationen, Bücher, Skulpturen, Plattencover) von Volker Kriegel.

Am 14. September wird ein großes Gedenk-Konzert im Wiesbadener Kulturzentrum Schlachthof über die Bühne gehen. Die renommierte Bigband des Hessischen Rundfunks wird verstärkt werden durch viele Freunde und musikalische Weggefährten von Volker Kriegel, wie z,.B: Wolfgang Dauner, Klaus Doldinger, Jon Hiseman, Christof Lauer, Dave King, Nippy Noya, Susan Weinert und - als Moderator - Roger Willemsen, mit dem Volker Kriegel an zwei Buchprojekten zusammengearbeitet hatte. Mit Dauner und Hiseman hatte Kriegel über einen Zeitraum von fast 25 Jahren in der Band der Bandleader, dem United Jazz and Rock Ensemble, erfolgreich zusammengearbeitet - wenn auch zuletzt, krankheitsbedingt,  mit größeren Pausen. 2002 erschien bei Mood Records das denkwürdige Album „The United Jazz and Rock Ensemble plays Volker Kriegel" - ein musikalisches Denkmal ersten Ranges.

Und welche Forderungen hatte der „milde Besessene" an seine eigene Musik gestellt (und eingelöst)?: „Kommunikativ sollte die Musik sein, ohne sich auf Klischees zu stützen. Sensibel sollte sie sein, ohne esoterische Verstiegenheit. Intelligent ohne Zeigefinger und Elfenbeinturm. Verständlich, aber nicht banal. So pathetisch es klingen mag: Im Jazzrock steckt die Chance zur Versöhnung von Körper und Geist." (Volker Kriegel)

Playlist zur Volker Kriegel-Hommage : Artist / Track / Album / Label
1. L. Shankar / Darlene (Kramladen-Themamusik) / Touch Me There / Zappa Records
2. The Dave Pike Set / Mathar / Noisy Silence - Gentle Noise / Universal
3. Volker Kriegel / Zoom - Malente Re-Interpretation / JazzReworks - The New MPS-Sessions / Universal
4. Volker Kriegel / With A Little Help From My Friends / With A Little Help From My Friends / Liberty
5. Crosby Stills & Nash / See The Changes / CSN / Atlantic
6. Volker Kriegel feat. Wolfgang Schlüter / See The Changes / House Boat / MPS
7. Volker Kriegel & Friends / Missing Link / 85. NDR-Jazzworkshop, 16. Januar 1973, Funkhaus Hamburg / Volker Kriegel-Archiv, Alexander Pawlak
8. Hanns Dieter Hüsch / Marsch der Minderheit / Typisch Hüsch / Pläne, Conträr
9. Volker Kriegel & Mild Maniac Orchestra / Spiral Crackers / Octember Variations / MPS, Universal
10. Volker Kriegel & The Groove Combination / Palm Dreams / Volker Kriegel & The Groove Combination / Biton
11. Volker Kriegel / Postcard for F.W. Amber / Palazzo Blue / Inakustik
12. Volker Kriegel / Titanic-Porträt (Audio-Umschnitt) / TV-Beitrag NDR Kultur Aktuell, März 1980 / download
13. United Jazz & Rock Ensemble / Circus Gambet / The United Jazz & Rock Ensemble plays Volker Kriegel / Mood Records
14. Volker Kriegel & Mild Maniac Orchestra / 25 Jahre Jazzkeller Frankfurt / Live auf dem Römerberg Frankfurt / download

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 am Donnerstag 23.05.13 von 23 - 24 Uhr (Wiederholung Samstag 25.05.13 von 14 - 15 Uhr), Thema:  

Wagner goes Pop

Richard Wagner, geboren am 22. Mai 1813, wird derzeit - im Wagner-Jahr - allenthalben gefeiert, so auch im Kramladen. Wie kann man dem Musikgenius, Schöpfer germanisch-heroischer Tondichtungen, überzeugten Antisemiten und Lieblingskomponisten Adolf Hitlers zu seinem 200. Geburtstag angemessen gratulieren? Vielleicht am besten mit Musik von Kapielski, Kaminski, Schaefer und Lierhouse.

Eins nach dem anderen: Der Ringkompressor von Thomas Kapielski geht so: Wagners Ring, bestehend aus „2,5 Stunden Rheingold, 4 Stunden Walküre, 4 Stunden Siegfried und 4,5 Stunden Götterdämmerung, zusammen 15 Stunden, wird auf höre und staune 0,23 Sekunden komprimiert und damit erstmals übersichtlich gemacht. Der extrem komprimierte Ring kann auch wieder dekomprimiert werden - auf volle Länge, aber die wollte Kapielski seinen Hörern dann doch nicht zumuten." So heißt es im Klappentext des Hörbuchs „Ringkompressor". Die Dekomprimierung die Herr Kapielski in seinem Hörbuch kurz anspielt, ist denn auch eine akustische Zumutung, um nicht zu sagen Tortur, denn man hört nichts als einen bösen Pfeifton, mit der entschuldigenden Erklärung des Autors, bei der Dekomprimierung von Wagners Ring müssten offenbar doch einige Informationen verloren gegangen sein.

Stefan Kaminski ist Schauspieler am deutschen Theater Berlin, aber auch Musiker, Klangkünstler und Hörspielmacher. Mit seiner vierköpfigen Band dreht er Wagner durch die Mangel. Seine Version des „Ring des Nibelungen" gehört zum Aufregendsten was die deutsche Musiktheater-Szene derzeit zu bieten hat. „Ich kenne keinen besseren Einstieg in Wagners Welt, als Kaminski live zu erleben. Bei ihm wird der Opernkrimi zu dem, was Wagner zu seiner Zeit schon wollte: zu purem Rock'n'Roll", so heißt es bei opernhaus.blog.de.

Der Jazzmusiker Eric Schaefer fragt in seiner neuesten Produktion: „Wer hat Angst vor Richard W.?". Schaefer jedenfalls verknüpft Wagner völlig angstfrei mit multikulturellem Jazz, Progrock, Ambient, Dub und Clubsounds und liefert so eine spannende Melange mehr für die Fans der Villa Kunterbunt als der Villa Wahnfried.

Ben Lierhaus sorgt für diese Überschriften: Bayreuth goes Harlem & Havanna, Richard Wagner on the Rocks. Popfans, die mit Wagner-Klassik nicht viel am Hut haben, werden den Hut ziehen, wenn sie hören, wie der Deutsch-Amerikaner Ben Lierhouse mit hochkarätigen Musikern aus New York, Kuba und Spanien klassische Wagner-Themen aus den Opern Lohengrin, Parsifal, Tannhäuser usw. auf inspirierte Weise mit Gospel, Soul, Jazz, Salsa, Flamenco und Pop verbunden hat. Wagners „Götterdämmerung" als HipHop gerapt, Wahnsinn! „Siegfried" tanzt Flamenco, großartig! „Der fliegende Holländer" segelt nach Kuba, unglaublich!

Und hier noch zwei Zitate zu Eric Schaefer und Stefan Kaminski:

Im Pressematerial zum neuen Album „Who is afraid of Richard W.?" von Eric Schaefer heißt es:

„Eric Schaefer gehört laut ZEIT zu einem "der heimlichen Zentralgestirne in der [...] deutschen Jazzszene". Mit "Who is afraid of Richard W.?" nimmt er sich den umstrittensten und monumentalsten aller Opernkomponisten vor. Der Schlagzeuger holt Wagner direkt in die Gegenwart, vom Bayreuther Hügel rein in den Club. Denn der Dub-Step-, HipHop- und Elektronik-Liebhaber Schaefer stellt die Opernthemen des Gesamtkunstwerk-Romantikers in einen groovenden Kontext. Schon im einleitenden "Prelude" wabert die Orgel, malt ein Synthesizer Sphärenklänge, thront eine helle, hallige West-Coast-Jazz Trompete über dem Geschehen. Munter im Psychedelic-Sound der Seventies geht es auch beim "Lohengrin-Vorspiel" zu, dem Schaefer selbst mit langsam rollendem, federnden Schlagzeug den Takt vorgibt. Die Walküren wiederum reiten wie späte auch "Nietzsche In Disguise" im heavy Dub-Groove heran und auch Siegfried rüstet sich mit Reggae zum Kampf. "Isoldes Liebestod" und auch Tristans Trauer werden zu chilligen, perkussiv durchgerüttelten Balladen. Wenn Schaefer konstatiert: "All das ergab für mich eine reizvolle Mischung", dann ist das eine mächtige Untertreibung. Selten klang Klassisches so frisch, nie hat einer zugleich den Monumentalismus und die zartesten Regungen in Wagners Werk so spannend wie lässig bewältigt - dank des überzeugenden Konzepts, das den alten Meister mit Infusionen vom Progrock und New Wave bis zu Ambient und Dub neu belebt: Willkommen im Club, Herr Wagner!"

Die Frankfurter Oper, in der Kaminskis „Ring des Nibelungen" derzeit gespielt wird, schreibt über die Aufführung unter der Überschrift:

„Wal-Hall! Richard Wagners Ring als dreidimensionales Hörspiel-Theater

Wagners »Gesamtkunstwerk« - die monumentale, ergreifende und bodenlos tiefe Geschichte vom Ring des Nibelungen wird von Stefan Kaminski in seinem Hörspiel-Theater-Format Kaminski ON AIR atemlos, destilliert und völlig neuartig erzählt - eine bizarre Wanderung entlang an Wagners Libretto.

Mit dem Raub des Rheingoldes wird ausnahmslos alles entfesselt, was die Welt bis zum heutigen Tag in Atem hält: unbändige Gier, grenzenlose Liebe, abgründiger Hass, zehrender Neid, drängender Kampf um persönliche Freiheit. Antipoden krachen aufeinander: Menschen - Götter, Zwerge - Riesen, sphärische Wesen - grollende Naturgewalten. Ein Stoff wie geschaffen für Kaminski ON AIR. Voller Aberwitz, Komik, Slapstick aber auch mit tiefer Tragik in zarten Momenten knapp und herrlichem Pathos führt dieser Vierteiler ungebremst in die Apokalypse. Das macht Spaß, denn der Ring ist wie das Leben! Begleitet wird Kaminski von einer vierköpfigen Band."

Oper Frankfurt am Main, Bockenheimer Depot, Aufführungen am 25., 26. und 31.05. und am 03.06.13. Aufführungen im Juli in der Neuköllner Oper Berlin und im August in Bayreuth/Europasaal.

Playlist zum Kramladen "Wagner goes Pop": Artist / Track / Album / Label
1. L. Shankar /Darlene (Kramladen-Themamusik) /Touch Me There / Zappa Records
2. Ben Lierhouse Project / The Ride (feat. Walküre) / Welcome To New York: Tristan Meets Isolde In Harlem / Edition: New Wagner, Gateway4M, EMI Classics
3. Ben Lierhouse Project / Really, It's Wagner (feat. Götterdämmerung) / Welcome To New York: Tristan Meets Isolde In Harlem / Edition: New Wagner, Gateway4M, EMI Classics
4. Ben Lierhouse Project / Flying Over The Sea (feat. Der fliegende Holländer) / Welcome To Cuba: Parsifal Goes La Habana / Edition: New Wagner, Gateway4M, EMI Classics
4. Ben Lierhouse Project / Andalusian Fire (feat. Rienzi) / Welcome To Spain: Siegried's Olé In Espana / Edition: New Wagner, Gateway4M, EMI Classics
6. Ben Lierhouse Project / Gypsy Wedding (feat. Lohengrin) / Welcome To Spain: Siegried's Olé In Espana / Edition: New Wagner, Gateway4M, EMI Classics
7. Eric Schaefer / Walküre / Who Is Afraid Of Richard W. / ACT 9543-2
8. Kaminski On Air / The Making Of  - Siegfrieds Freiheitslied / Siegfried - Dreidimensionales Hörspiel nach Richard Wagner / Jumbo Verlag, Vertrieb dtv
9. Kaminski On Air / Siegfrieds Tod / Der Ring des Nibelungen - Dreidimensionales Hörspiel nach Richard Wagner / Jumbo Verlag, Vertrieb dtv
10. Eric Schaefer / Lohengrin II (Akt II, Vorspiel) / Who Is Afraid Of Richard W. / ACT 9543-2
11. Ben Lierhouse Project / Steeped In Starlight (feat. Tristan und Isolde) / Welcome To New York: Tristan Meets Isolde In Harlem / Edition: New Wagner, Gateway4M, EMI Classics
12. Ben Lierhouse Project / Men Of Steel (feat. Siegfried) / Welcome To New York: Tristan Meets Isolde In Harlem / Edition: New Wagner, Gateway4M, EMI Classics
13. Ben Lierhouse Project / Carmen's Hope (feat. Tannhäuser) / Welcome To Spain:
Siegried's Olé In Espana / Edition: New Wagner, Gateway4M, EMI Classics
14. Ben Lierhouse Project / Grief About What? (feat. Parsifal) (Hintergrundmusik) / Welcome To Cuba: Parsifal Goes La Habana / Edition: New Wagner, Gateway4M, EMI Classics


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 am Donnerstag 09.05.13 von 23 - 24 Uhr (Wiederholung Samstag 11.05.13 von 14 - 15 Uhr), Thema:  

Junge Sänger-Poeten - zwischen sensibler Innerlichkeit und frecher Nonchalance

„Dein Papagei rezitiert Kant und Rimbaud und er krächzt dein Lieblingslied. In Wirklichkeit überlegt er wie er flieht. Verbotene Frucht im Mandelbaum im blütenweißen Kindheitstraum! Oder ist das alte Paradies nur ein vergoldetes Verlies?", singt Max Prosa in seinem neuen Lied „Zauberer" aus dem aktuellen Album „Rangoon".

Es wird wieder gedichtet im deutschen Pop. Eine Reihe junger Sänger-Poeten ist gerade dabei, den deutschsprachigen Song mit anspruchsvoller Textlyrik und teils ambitionierter Liedform mit oftmals genüsslicher Melodik neu zu definieren. Das romantische Kunstlied wird genauso aufgegriffen wie das Folksong- und Singer/Songwriter-Idiom, Marke Dylan, Cohen & Co, aber auch Einflüsse aus Indiepop und Anti-Folk finden gleichberechtigte Verarbeitung. Doch vor allem in den Liedtexten ist ein besonderer Gestaltungswille spürbar: die Suche nach einer poetischen Sprache, die Freiraum für Assoziationen und Interpretationen lässt und daneben die persönliche Einstellung der Sänger zwischen neuer Innerlichkeit und frecher Nonchalance ausdrückt.

Der neue Held dieser jungen Sänger-Bewegung, Max Prosa, beherrscht diese Gleichzeitigkeit von Romantik und Reibung und den schnellen Wechsel zwischen gefühlvoller Poesie und rotziger Provokation. Mal singt er: „In endlos langen Morgenstunden taste ich nach dir, nur um deinen Mund zu finden." Mal knurrt er: „Und ich bin hier nur der Hund, der trotzig bellt." Was ihn umtreibt, kommt zum Ausdruck in seiner Antwort auf die Frage nach der Bedeutung des seltsamen Albumtitels „Rangoon". Max Prosa: „Ich verbinde den Namen ‚Rangoon' mit sehr vielen Gegensätzen, einerseits unberührte Natur, Paradies am Palmenstrand, ein wunderschönes Land und eine entsprechende Mentalität der Leute, und andererseits aber auch das Militärregime, die blutige Niederschlagung von friedlichen Demonstrationen und diese Seite der Gewalt. Und diese Gegensätze haben sehr gut zu dem Album gepasst. Da gibt es auf der einen Seite Liebeslieder und das kleine Universum von zwei Menschen, und auf der anderen Seite geht es um Alles, um Probleme auf der ganzen Welt."

Alltagspoetische Zeilen wie „Eine halbe Ewigkeit zwischen hier und Glücklichsein" fallen dem Sänger-Gitarristen und Liederschreiber Fabian von Wegen offenbar jede Menge ein. Ein weiteres Beispiel: „Und ein Tag trägt den anderen zu Grabe. Wir haben viel zu viel und gar keine Zeit." Seine Texte singt er mit sanfter Stimme, um plötzlich wie ein Rohrspatz loszuplärren. Im März erschien sein aktuelles Album „Emotionale Zitrone" mit 12 „Vertonungen von Rauschanfällen" - wie er seine Lieder nennt. Und wenn er über die Liebe singt, muss man auf verbale Überraschungen gefasst sein: „Ja so kann die Liebe sein, arschlochmäßig saugemein."

Mit sanften Klavierakkorden, die mehr nach Schubert und Schumann klingen als nach aktuellen Popmoden, beginnt das zweite Album „360°" des Sängers, Pianisten und Songschreibers Johannes Falk. Der Absolvent der Mannheimer Popakademie (als „Bachelor of Arts") bevorzugt stilistisch eine Art von melancholisch eingefärbtem Singer/Songwriter-Pop mit einer kammermusikalischen Note. Seine christliche Überzeugung spricht aus vielen seiner Lied-Texte, die er selbst als „eine Sammlung von Gedanken, Gesprächen, Situationen in der Auseinandersetzung mit dem Leben, mit Gott und der Welt" bezeichnet. So finden sich in seinen wohl formulierten Texten auch biblische Themen, Zitate und Anspielungen, wie etwa „die Letzten werden die Ersten sein", oder: „Ich hab lieber nasse Füße vom übers Wasser gehen / anstatt aus einem trockenen Boot dem Leben hinterher zu sehen."

Mit dem Thema Glaube und Religion geht dagegen der Berliner Musiker Richard Lenz kritisch um. „Der Herr ist im Himmel genauso präsent wie meine dritte Hand", so heißt es im Song „Desillusionierung", in dem er - sprachlich ungelenk - „Konfessionen" als „ein Alibi für hirnverbrannt" schmäht. Das Debütalbum „Glücksschwein" des Sängers, Gitarristen, Pianisten und Songschreibers, der zuvor schon Frontmann der Berliner Band Lenz war, ist wohl das popmusikalisch konventionellste, verglichen mit den Veröffentlichungen der zuvor genannten jungen Sänger-Poeten. Auch wenn Richard Lenz textlich mit den Vorgenannten nicht mithalten kann, findet sich dennoch ab und an eine inspirierende Zeile oder ein nettes Wortspiel - wie dieses: „Ich bin verloren, nur um gefunden zu werden / Ich bin fallen gelassen worden, nur um gut aufgehoben zu sein".

Neben diesen aktuellen jungen Sänger-Poeten werden in dieser Kramladen-Ausgabe auch historische Aufnahmen vom Anbeginn der deutschsprachigen Popmusik zu hören sein. Soeben wurden als digitaler Download die Lieder des Frankfurter Soziologen- und Liedermacher-Duos Christopher & Michael veröffentlicht. Von ihnen erschienen zwischen 1965 und '68 drei Langspielplatten und vier Singles. Die Beiden waren die ersten in Deutschland, die Bob Dylans frühe Protestsongs und Bürgerrechtslieder ins Deutsche übertrugen und vor großem Publikum gesungen haben - auf Ostermarsch-Veranstaltungen, in Folk-Konzerten und sogar in deutschen Fernseh-Shows. Mit ihren eigenen, selbstverfassten Liedern zwischen Folksong, Chanson und zeitgenössischem, romantischem Kunstlied haben die beiden Sänger und Gitarristen den Weg bereitet für viele deutschsprachige Songschreiber, die nach ihnen kamen. Christopher Sommerkorn, der nach seiner Sänger-Karriere Rundfunk- und Fernsehjournalist wurde, starb 2010 an Krebs. Sein Duo-Partner Michael de la Fontaine, der nach dem Ende von Christopher &Michael als Kulturwissenschaftler promovierte und für das Goethe-Institut arbeitete, veröffentlichte zwei Solo-Alben („Harlekins Sing Sang", 1968 und „12 Jahre 12 Lieder", 1982) und plant nach 30jähriger Plattenpause ein neues Albumprojekt.

Im Kramladen am 9. Mai: Poetische Lieder von Max Prosa, Fabian von Wegen, Johannes Falk, Richard Lenz, Christopher & Michael und Michael de la Fontaine.

Playlist zum Kramladen am 09.05.13: Artist / Track / Album / Label
1. L. Shankar /Darlene (Kramladen-Themamusik) /Touch Me There / Zappa Records
2. Fabian von Wegen / Dein Dich / Emotionale Zitrone / It-sounds, Rough Trade
3. Johannes Falk / Nasse Füße / 360° / Gerth Medien, Asslar
4. Max Prosa / Café Noir / Rangoon / Text und Ton Schallplatten, Columbia, Sony
5. Christopher & Michael / Kommt her all ihr Leute / Eine Dokumentation / download
6. Michael de la Fontaine / Aonide / Harlekins Sing Sang / download
7. Johannes Falk / Die Letzten / 360° / Gerth Medien, Asslar
8. Richard Lenz / So schön / Glücksschwein / Noteworks, Alive
9. Max Prosa / Zauberer / Rangoon / Text und Ton Schallplatten, Columbia, Sony
10. Fabian von Wegen / Es kommt / Emotionale Zitrone / It-sounds, Rough Trade
11. Johannes Falk / Prélude, Reprise (Hintergrundmusik) / 360° / Gerth Medien, Asslar

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zum Tod von Richie HavensRichie Havens

Freiheit, Seele und McDonalds

Es gibt nicht viele Gesangsinterpreten, die sich den Song eines (oder einer) anderen so gänzlich zu eigen machen, dass deren Neufassung einer grundlegenden Neugestaltung gleichkommt. Wie kaum ein Zweiter vermochte es Richie Havens einem Song Seele einzuhauchen und Gefühlstiefe zu geben - und zwar in einem Maße, die der Originalfassung des Songs vielleicht niemals innewohnte. Leid und Hoffnung schwingen gleichermaßen in seiner reibungsvoll warmen, blues-getränkten Stimme mit. Aus George Harrison's hübschem kleinen Beatles-Lied „Here comes the sun" machte er z.B. eine treibende, intensive Gospel/Countryfolk-Mixtur, Songklassiker von Bob Dylan erdete er mit der Spannung des afroamerikanischen Musik-Erbes - und berühmten Herzschmerz-Balladen, ob von den Bee Gees oder von 10 CC, nahm er jede Seichtigkeit und Gefühlsduselei. Doch unsterblich wurde er Anno 69 als er mit seinem emphatisch intonierten „Freedom" die Woodstock-Nation elektrisierte. Um so irritierter waren seine Anhänger als er in den 80ern Werbespots produzierte - unter anderem für McDonalds. Sein unorthodoxes Gitarrenspiel mit Daumen-Barré, offener Saitenstimmung und forciertem, fast perkussivem Anschlag blieb sein musikalisches Markenzeichen. In den letzten Jahren machte der Vielbegabte, der sich auch als Maler, Schriftsteller und Bildhauer betätigte, vor allem durch sein soziales Engagement von sich reden. So beteiligte er sich an verschiedenen Benefizprojekten, von Naturschutz bis zur Obdachlosenhilfe. Die Botschaft seines Songs „Young Boy", einem der wenigen von ihm selbst geschriebenen Songs aus dem Jahre 1994, lautet: „Du bist überall ein Fremder. Lass dir nicht deine Träume nehmen."

Richie Havens starb am 23. April im Alter von 72 Jahren an einer plötzlichen Herzattacke.

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 am Donnerstag 25.04.13 von 23 - 24 Uhr (Wiederholung Samstag 27.04.13 von 14 - 15 Uhr), Thema:

Loblieder auf die Bäume - zum Internationalen Tag des Baumes am 25. April

Das Kreischen einer Motorsäge ist das grausamste Geräusch, das wispernde Rauschen in den Blättern das vielleicht schönste, das man im Zusammenhang mit Bäumen vernehmen kann. Was haben Bäume aber mit Musik zu tun? Sehr viel, wenn man sich zum Beispiel an die Tanzlinden erinnert. Diese meist mehrere hundert Jahre alten Linden waren früher der dörfliche Mittelpunkt von Musik- und Tanzfesten. Entweder tanzte man unter dem Baum, im Schatten der mächtigen Krone, oder man baute Podeste um den Stamm der Linde herum, etwa in Höhe des unteren Astkranzes, um unter dem Kronendach tanzen zu können. Die Tanzlinde im nordhessischen Schenklengsfeld gilt mit ca. 1250 Jahren als die älteste Tanzlinde Deutschlands.

Was wäre, wenn die Tanzmusik unter der Tanzlinde nicht von einer Musikgruppe und auch nicht von Schallplatte sondern von einer Baumplatte käme? Der Münchner Entwickler Bartholomäus Traubeck dachte sich, was Rillen in Vinyl-Platten vormachen, müssten auch die Jahresringe in Baumscheiben können. Also konstruierte er eine Art Plattenspieler, mit dem er die Jahresringe von Baumscheiben abtasten und über ein Computerprogramm in Musik verwandeln kann: die Musik der Bäume.

Natürlich sind Bäume auch Gegenstand vieler Songtexte. „Sie fällten die Bäume und stellten sie in ein Baum-Museum. Nun nehmen sie Eintritt, damit man sich die Bäume anschauen kann," sang Joni Mitchell in ihrem Song „Big Yellow Taxi". „Pausenlos frisst ein Monster dunkle Löcher in den Geist der Welt. Abholzen und weiter. Wenn im Wald ein Baum fallt, wer hört das schon? Wer hört den Wald fallen?" Diesen anklagenden Text sang Bruce Cockburn in seinem Song „If A Tree Falls". Bei Monty Python wurde mit dem Thema Bäume fällen natürlich ganz anders umgegangen: „Ich bin ein Holzfäller und fühl mich stark. Ich schlaf des Nachts und hack am Tag. Ich fälle Bäume, ich ess mein Brot. Ich geh auf das WC ...."

Peter Gabriel schüttelte den Baum der Erkenntnis „Shaking The Tree" und die ladinischen Frauen von Ganes singen in ihrem aktuellen Song „For Eva" vom „apple tree" und der Schlange, womit der ganze Schlamassel begann. Der „Wild-Apfel" ist übrigens „Baum des Jahres 2013". John Lennon sang in seinem psychedelischen Wunderwerk „Strawberry Fields Forever": „Niemand, glaub ich, ist auf meinen Baum geklettert". In Yoko Onos aktueller Ausstellung in der Frankfurter Schirn steht ihr „Wish Tree", auf den man zwar nicht klettern, an den man aber seine Wünsche auf Zetteln hängen kann.

Sting besang „The Cherry Tree", Van Morrison den majestätischen „Red Wood Tree" und Willy Porter beobachtete, wie sich australische Aboriginees unter einem „Boab Tree", dem Symbol des Lebens versammelten, um zu feiern. Nicht nur Peter, Paul and Mary besangen den „Lemon Tree" und die Stereophonics hielten sich nicht mit einer einzelnen Baum-Spezies auf, sondern besangen „A Thousand Trees".

Apropos: Wie viele Bäume gibt es eigentlich in Deutschland? 50 Millionen, 800 Millionen, 2 Milliarden oder 8 Milliarden? Zutreffendes bitte ankreuzen. Nach der Bundeswaldinventur, einer wissenschaftlichen Erhebung des Jahres 2011, sind es acht Milliarden. Das Holz der acht Milliarden Bäume aus deutschen Wäldern würde ausreichen, um einen massiven Turm von 3x3 Metern Grundfläche von der Erde bis zum Mond zu bauen. Acht Milliarden Bäume können sich nicht irren. Irren können sich nur Leute mit Kettensägen - oder Zeitgenossen mit einem Brett vorm Kopf.

Am Internatonalen Tag des Baumes erfreut sich der Kramladen an Liedern und Geschichten über Bäume.

Playlist Artist / Track / Album / Label
1. L. Shankar / Darlene (Kramladen-Themamusik) / Touch Me There / Zappa Records
2. Jethro Tull / Songs From The Wood / Songs From The Wood / Chrysalis
3. Stereophonics / A Thousand Trees / Graffiti On The Train / V2
4. Ganes / For Eva / Parores & Neores / Blanko Musik, Capriola, Sony
5. Bruce Cockburn / If A Tree Falls / Anything Anytime Anywhere / High Romance Music, Cooking Vinyl
6. Joni Mitchell / Big Yellow Taxi / Ladies Of The Canyon / Reprise
7. Diego Stocco / Music From A Tree / www.diegostocco.com / download
8. Diego Stocco / Music From A Bonsai / www.diegostocco.com / download
8. Willy Porter / BoabTree / Dog Eared Dream / Private Music, BMG, Ariola
9. Bartholomäus Traubeck / Years - Musik der Bäume / www.traubeck.com / download
10. Enya / The Memory Of Trees (background) / The Memory Of Trees / WEA
11. Andreas Vollenweider / Leaves Of The Great Tree / Eolian Minstrel / Columbia
12. Olyanka Yankova / Trees Have Souls Too / Trees Have Souls Too / download
13. Monty Python / Lumberjack Song / Live at Drury Lane / Virgin, EMI
14. Andreas Vollenweider / The Years In The Forest (Hintergrundmusik) / Eolian Minstrel / Columbia

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am Donnerstag 11.04.13 von 23 - 24 Uhr (Wiederholung Samstag 13.04.13 von 14 - 15 Uhr), Thema:

Psychoanorexia - die Magersucht des Geistes

Artpostprogressivepopavantgardenewwaverocktriphop. Wie bitte? Der Silbenbandwurm versucht die Musik von „t" annähernd zu beschreiben. „Artrock" wäre die Vereinfachung, die aber nicht wirklich zutrifft. Das gleiche gilt für den Inhalt seines aktuellen Albums „Psychoanorexia", dessen Botschaft mit „geistiger Magersucht" ebenfalls nur unzureichend wiedergegeben ist. Was sagt der Autor „t" selbst über den thematischen Hintergrund seiner Wortschöpfung „Psychoanorexia"?

„Liebe braucht, um aus dem Verliebtsein zu wachsen, Nachsicht, Achtsamkeit und Toleranz. Banal, oder? Dann hör mal zu: Liebe braucht auch Wut, Angst und Frust. Vielleicht sogar dringender. Und zwei Menschen, die dazu fähig sind, mit diesen Dämonen umzugehen, ihnen ihre Plätze zu weisen, mit ihnen zu ringen - im Wissen, dass sie gebraucht werden, denn ohne sie gäbe es nichts, woran sich die Achtsamkeit festhalten könnte, worin die Toleranz glänzen könnte, worüber die Nachsicht hinwegsähe... nichts, wodurch Liebe erkennbar würde. Nichts, das heißt: außer Geschenken, Sex und Ritualen.

Psychoanorexia schaut der Welt dabei zu, wie sie diese Dämonen zu löschen versucht und dabei gleichzeitig das tötet, was Liebe ausmacht. Wir sind magersüchtig, wenn wir weder Frust noch dessen Tochter Nachsicht in uns aufnehmen. Wir zerstören unsere Nahrungsquellen, wenn wir unsere Kultur so lange mit ökonomischen Zusatzstoffen vermengen, bis sie zum Fastfood mutiert ist. Sie verblutet an unserer Faulheit und unserem mangelnden Mut, Qualität einzufordern - von unseren Kindern, unseren Freunden, aber auch uns selbst. Die Schulen erbrechen bereits Lehrpläne, die nicht den Menschen, sondern den Angestellten in ihren Schülern herausbilden.

Und so werden wir aufgerieben zwischen unseren ausgezehrten Gedanken und unserem Hollywoodtraum von täglichen Happy-End-Sonnenuntergängen. Zwischen Talkshow-Gimmicks und unserer fantasyschwangeren Sehnsucht nach Erleuchtung. Zwischen unserem Lightleben und den reizüberfluteten Geschmacksnerven des Soap-Opera-Dramas.

Was ist Liebe? Wo fühlt sie sich wohl? Welchen Lebensraum braucht sie? Psychoanorexia dokumentiert das Sterben solch tiefer Gefühle. Psychoanorexia weint um sie, zetert, bettelt, schreit und verflucht sie. Trauert. Schüttelt sich. Und kämpft. Um dich und um deine Kraft, die Welt wieder mit Leben zu füllen. Mit Menschen - erinnere dich: Was kann ich wissen? Was darf ich hoffen? Was soll ich tun? Was ist der Mensch?

Fight your psychoanorexia."

Dies schreibt Thomas Thielen aus Hannover, promovierter pädagogischer Psychologe und ambitionierter Multiinstrumentalist, der unter dem Künstlernamen „t" in seinem privaten, Neunquadratmeter kleinen Kellerstudio-Kämmerlein ganz alleine erstaunliche Musik entwirft, entwickelt, selbst einspielt und produziert.

In seinem dritten Soloalbum „Psychoanorexia" geht es inhaltlich um die alltägliche Oberflächlichkeit, die schleichende Verblödung und Selbstlimitierung und um das sich Abfinden mit der bequemen, trägen Mittelmäßigkeit.

Er warnt vor der zunehmenden Unfähigkeit, das Wertvolle vom Muster ohne Wert zu unterscheiden und beklagt den fortschreitenden „Mangel an kultureller Kompetenz, um Literatur von Werbetext, um Musik von Klingelton, um Gedanke von Manipulation zu trennen. Das ist der Gedanke des Albums: Zwei Leute verlieren sich in dieser Flut von Angeboten der Einfachheit, der Schlichtheit, des Fastfood-Lebens. Und merken dann, dass sie immer mehr aufgedunsen durch die Welt laufen, aber immer weniger Immunsystem und Beweglichkeit und Ästhetik und Geschmacksnerv usw. haben - sowohl an sich als auch in der Beziehung füreinander"

Provozierende, kulturpessimistische Thesen und eine im Gegensatz dazu fantasievolle, sozusagen kulturell wertvolle Musik, präsentiert in der Form eines Erzähl-Radios mit reflektierenden Kommentaren - das ist der Inhalt des Kramladens am 11. April zum Thema „Psychoanorexia".

„t" live unter dem Motto: 2 Hände, 1 Stimme, 0 Samples

am 11.04.13 in Rüsselsheim, Club „Das Rind"

am 31.05.13 in Schwelm, Eisenwerkschänke

CD „Psychoanorexia" zu beziehen über ppr-shop.de (€ 12,95)

Playlist zum Kramladen am 11.04.13 "Psychoanorexia": Artist / Track / Album / Label
1. L. Shankar / Darlene (Kramladen-Themamusik) / Touch Me There / Zappa Records
2. James Blake / Life Round Here / Overgrown / Universal
3. Steven Wilson / The Watchmaker / The Raven That Refused T Sing (And Other Stories) / Kscope, Edel
4. Porcupine Tree / The Sound Of Muzak / In absentia / Lava Records, Warner Music, WEA
5. t / Psychoanorexia / Psychoanorexia / download
6. t / The Aftermath Of Silence / Psychoanorexia / download

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 am Donnerstag 28.03.13 von 23 - 24 Uhr (Wiederholung Samstag 30.03.13 von 14 - 15 Uhr), Thema:  

50 Jahre „Please Please Me" - Teil 2: Die B-Seite

Das gab es nie wieder in der Popgeschichte. Nur ein Jahr, nachdem eine völlig unbekannte Beatband aus Liverpool ihr Debütalbum (am 22. März 1963) veröffentlicht hatte, stand die Popwelt Kopf, weil dieses junge Quartett eine weltweite Hysterie ohne gleichen ausgelöst hatte, genannt Beatlemania.

Das erste Album der Beatles „Please Please Me" steht für die Geburt der Popmusik wie wir sie heute kennen - was die Charakteristika Massenphänomen, Kommerzialität, Ausdruck des Zeitgeistes und Euphorisierung der Alltagskultur angeht. Alles nahm seinen (popkulturellen) Lauf mit der Verbreitung von 14 simplen, aber damals ungemein elektrisierenden Songs.

Die ersten sieben Songs und damit die A-Seite dieser bahnbrechenden Langspielplatte sind im ersten Teil behandelt worden, nun folgen im zweiten Teil die restlichen sieben Songs der B-Seite. Neben den Original-Songs der Beatles werden auch wieder die aktuellen Neueinspielungen des BBC-Projektes Remaking A Classic - 12 Hours To Please Me zu hören sein. In dieser Produktion vom 11. Februar 2013, dem 50. Jahrestag der Beatles-Aufnahmen, wurden die Songs des Albums „Please Please Me" unter den gleichen Bedingungen wie beim Originalalbum vor 50 Jahren eingespielt: live, im gleichen Abbey Road-Studio 2 - wie weiland die Beatles - und ebenfalls innerhalb von 12 Stunden, wie es die Beatles vorgemacht hatten. Nicht alle Neuaufnahmen können mit den Beatles-Originalen konkurrieren, manche scheitern gar kläglich, doch was zum Beispiel Joss Stone mit jazzigem Blues/Soul-Feeling gesanglich aus dem Filmsong „A Taste Of Honey" macht, das lässt die von Paul gesungene Coverversion der Beatles weit hinter sich. Wohingegen Paul Carracks Nachspielung von „Misery" ziemlich langweilig ist - im Vergleich zur Urfassung der Beatles.

Beim Wiederentdecken des Original-Albums fällt endlich auf, dass der vorletzte Song der B-Seite, die Lennon/McCartney-Komposition „There's A Place" lange unterbewertet wurde. Hauptsächlich von John Lennon geschrieben, ist, wie immer, der Name beider Songschreiber als Komponistenangabe vermerkt. Hier allerdings in der Reihenfolge McCartney/Lennon, was übrigens bei allen Eigenkompositionen des Plattenerstlings der Fall ist. Diese Schreibweise bleibt aber einmalig in der Plattengeschichte der Beatles. Der bislang arg unterschätzte Song „There's A Place" kann tatsächlich als ein erstes kleines Highlight der Beatles-Songkunst bezeichnet werden. Die Neufassung des Songs, eingespielt von der erst 20-jährigen britischen Sängerin und Songschreiberin Gabrielle Alpin, die vornehmlich übers Internet bekannt wurde, stellt eine mutig veränderte Neudeutung des Songs dar.

Der Schlusstitel sowohl des Originalalbums als auch der BBC-Neuproduktion setzt beiden Aufnahme-Sessions die Krone auf. Wie John Lennon trotz Erkältung und Halsschmerzen den banalen Songtext von „Twist And Shout" mit leidenschaftlicher Intensität auflädt und wie Beverly Knight ihre soulgetränkte Neufassung 50 Jahre später mit gesanglicher Energie in Szene setzt, das ist gleichermaßen grandios - nachzuhören im Kramladen am Gründonnerstag (und nochmals, weil's so toll ist, am Karsamstag).

Playlist zum Kramladen am 28.03.13 "50 Jahre Please Please Me - Teil 2" : Artist / Track / Album / Label
1. L. Shankar / Darlene (Kramladen-Themamusik) / Touch Me There / Zappa Records
2. The Beatles / Love Me Do / Please Please Me / Apple, EMI
3. Rudy Rotta & Band / Love Me Do / The Beatles In Blues / Pepper Cake, Zyx
4. The Beatles / PS I Love You / Please Please Me / Apple, EMI
5. Various Artists / PS I Love You (Kollage) / diverse / download
6. The Shirelles / Baby It's You / Under The Influence - the Original Versions of the songs The Beatles covered / Sequel Records
7. The Beatles / Baby It's You / Please Please Me / Apple, EMI
8. The Beatles / Do You Want To Know A Secret / Please Please Me / Apple, EMI
9. Ian Broudie / Do You Want To Know A Secret / Remaking A Classic - 12 Hours To Please Me / BBC Radio / download
10. The Beatles / A Taste Of Honey / Please Please Me / Apple, EMI
11. Lenny Welch / A Taste Of Honey / Under The Influence - the Original Versions of the songs The Beatles covered / Sequel Records
12. Joss Stone / A Taste Of Honey / Remaking A Classic - 12 Hours To Please Me / BBC Radio / download
13. The Beatles / There's A Place / Please Please Me / Apple, EMI
14. Gabrielle Alpin / There's A Place / Remaking A Classic - 12 Hours To Please Me / BBC Radio / download
15. The Beatles / Twist And Shout / Please Please Me / Apple, EMI
16. Isley Brothers / Twist And Shout / Under The Influence - the Original Versions of the songs The Beatles covered / Sequel Records
17. Beverly Knight / Twist And Shout / Remaking A Classic - 12 Hours To Please Me / BBC Radio / download

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 am Donnerstag 14.03.13 von 23 - 24 Uhr (Wiederholung Samstag 16.03.13 von 14 - 15 Uhr), Thema:  

50 Jahre „Please Please Me" - oder: wie ein simples Album die Welt veränderte. Teil 1: Die A-Seite

Die Produktionskosten betrugen gerade mal 400 Pfund, die LP wurde an einem Tag aufgenommen und veränderte die Geschichte der Popmusik nachhaltig. War dieses Album wirklich ein Urknall für die Popentwicklung? Vom musikalischen Inhalt her wohl nicht. Aber: das Debütalbum der Beatles, das am 22. März 1963 veröffentlicht wurde, markiert in mancherlei Hinsicht den Startpunkt einer Pop-Explosion. Als ein völliges Novum enthielt das erste Album der Beatles acht (von insgesamt 14) Songs, die Eigenkompositionen der Band waren. Dies war damals vor 50 Jahren geradezu revolutionär. Denn nach der damals üblichen Praxis musste ein Schallplattenkünstler Songs von professionellen Songschreibern aufnehmen, die der Produzent zuvor ausgewählt hatte. Auch dass die Beatles ihr eigenes Songrepertoire als geschlossene Band, ohne Einsatz von professionellen Studiomusikern, aufnehmen konnten, war damals alles andere als üblich.

Das Entscheidende aber, das „Please Please Me" zu einem der wichtigsten Alben der Popgeschichte aufsteigen ließ, war die weltweite Wirkung dieser Langspielplatte. Das erste Beatles-Album veränderte die Welt nicht nur der Popmusik, weil mit dieser überraschend frisch und teilweise originell klingenden Musik der Beatles eine neue Zeitrechnung anbrach. Das unbekümmert und frech-fröhlich auftretende Quartett versprühte eine überrumpelnde, ansteckende Energie, der sich kaum jemand unter 25 entziehen konnte. Alle wollten plötzlich so sein wie John, Paul, George und Ringo. Mit einemmal wurden überall Bands gegründet. Die vier Beatles mochten keine herausragenden Musiker sein, doch sie hatten Charme, Witz, Verve und eine mitreißende Ausstrahlung. Sie boten Identifikationsmöglichkeiten für Abertausende von jungen Leuten - und: in ihren Reihen befanden sich zwei fantastische Sänger und großartige Songschreiber, die ihr immenses Talent in diesem Plattenerstling deutlich hörbar aufblitzen ließen. Nach der Veröffentlichung von „Please Please Me" und dem Erreichen des Spitzenplatzes in der britischen Hitparade war in der Popwelt nichts mehr wie zuvor. Die Beatles stiegen auf zur größten Band des Planeten, und in ihrem Sog veränderte sich die gesamte Popkultur.

Fast 50 Jahre später kürten die Juroren des Musikmagazins <Rolling Stone> „Please Please Me" im Ranking der „500 größten Alben aller Zeiten" auf Platz 39. Dieses Votum von 2012 dokumentiert und unterstreicht - trotz der Simplizität des musikalischen Materials - die Bedeutung des Albums bis heute.

Zum 50. Jubiläum des Beatles-Debüts nahmen renommierte Popkünstler von heute (Joss Stone, Mick Hucknall, Stereophonics, I Am Kloot, Paul Carrack, Graham Coxon von Blur, u.a.) alle Songs des Albums „Please Please Me" in den Abbey Road Studios nochmals neu auf, also an jenem Ort, wo das Originalalbum der Beatles an einem einzigen Tag entstanden war. Und auch diese Neu-Aufnahme fand innerhalb nur eines einzigen Tages statt, wie damals, live im Studio eingespielt.

Zu den Höhepunkten dieses aktuellen Remakes zählt die soulgetränkte Neufassung von „Twist And Shout", grandios gesungen von Beverly Knight und eine intime Interpretation des eigenwilligsten Songs des ersten Beatles-Albums, der schon eine Ahnung gab, in welche Richtung sich die Beatles weiter entwickeln sollten: „There's A Place", einfühlsam in Szene gesetzt von der erst 20-jährigen Newcomerin Gabrielle Aplin. Der Kramladen spielt die Songs des so überaus wichtigen Plattendebüts der Beatles, liefert die Hintergrundgeschichten und vergleicht die Beatles-Originale mit den aktuellen Neueinspielungen von „Please Please Me". Mal hören, ob die Bitte nach Befriedigung erfüllt wird.

Playlist zum Kramladen am 14.03.13 50 Jahre Please Please Me - Teil 1: Die A-Seite

Artist / Track / Album / Label
1. L. Shankar / Darlene (Kramladen-Themamusik) / Touch Me There / Zappa Records
2. The Beatles / Misery (Probeaufnahme) / Documents Vol. 1 / Document Records, Disk De Luxe
3. Beatles / Misery (Ausschnitt) / Please Please Me / Apple, EMI
4. Paul Carrack / Misery / Remaking A Classic - 12 Hours To Please Me / BBC Radio / download
5. Arthur Alexander / Anna (Go To Him) / Under The Influence - the Original Versions of the songs The Beatles covered / Sequel Records
6. The Beatles / Anna (Go To Him) / Please Please Me / Apple, EMI
7. Mick Hucknall / Anna (Go To Him) / Remaking A Classic - 12 Hours To Please Me / BBC Radio / download
8. The Beatles / I Saw Her Standing There / Please Please Me / Apple, EMI
9. Stereophonics / I Saw Her Standing There / Remaking A Classic - 12 Hours To Please Me / BBC Radio / download
10. The Cookies / Chains / Under The Influence - the Original Versions of the songs The Beatles covered / Sequel Records
11. The Beatles / Chains / Please Please Me / Apple, EMI
12. I Am Kloot / Chains / Remaking A Classic - 12 Hours To Please Me / BBC Radio / download
13. The Beatles / Boys / Please Please Me / Apple, EMI
14. The Shirelles / Boys / Under The Influence - the Original Versions of the songs The Beatles covered / Sequel Records
15. The Merseybeats / Boys / Remaking A Classic - 12 Hours To Please Me / BBC Radio / download
16. The Beatles / Ask Me Why / Please Please Me / Apple, EMI
17. The Beatles / Please Please Me / Please Please Me / Apple, EMI
18. Chris Difford, Glen Tilbrook / Please Please Me / Remaking A Classic - 12 Hours To Please Me / BBC Radio / download
19. The Beatles / Love Me Do / Please Please Me / Apple, EMI

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 am Donnerstag 28.02.13 von 23 - 24 Uhr (Wiederholung Samstag 02.03.13 von 14 - 15 Uhr), Thema:

NDE - neue deutsche Elektronik  

Eigentlich steht er für die alte Garde deutscher Elektronik, aber das Etikett „Elektronik-Pionier" hört er nicht so gerne. Das klingt für ihn zu sehr nach „Pfadfinderlager". Klaus Schulze, die graue Eminenz der deutschen Elektronik, Techno-Vorläufer und Vaterfigur der elektronischen Chill-out- und Ambient-Dance-Szene hat soeben sein neues Album „Shadowlands" veröffentlicht. Vor 40 Jahren trat er zum ersten Mal als Solist in Erscheinung. Zuvor war er Schlagzeuger bei Tangerine Dream und Mitbegründer der Berliner Elektronik-Gruppe Ash Ra Temple.

Wie viele Soloalben der heute 65-jährige „überragende Komponist elektronischer Musik" (Record World) inzwischen veröffentlicht hat, weiß er selbst nicht zu sagen. Nach 200 hat er aufgehört zu zählen. Gemessen an der imposant großen Zahl von Veröffentlichungen - es könnten auch bis zu 500 sein - ist die Anzahl der einzelnen Titel auf seinen Alben relativ überschaubar. Auch das neue Album „Shadowlands" weist nur drei Tracks auf, alleine der Opener „Shadowlights" ist stolze 41 Minuten lang. Zur epischen Länge aller seiner Stücke bemerkt er verschmitzt, kurz fassen könne er sich einfach nicht. Und er wolle das auch nicht. Weil es dafür keine guten Gründe gäbe. Die Formatradios mit ihren 4-Minuten-Limits sehen das natürlich anders. Aber die Musik von Klaus Schulze ist vom Dogma des Formatradio noch weiter entfernt als vom angesagten Mainstream-Pop.

Die schwebenden Klangflächen seines neuen Albums „Shadowlands" oszillieren durch offene Harmonieschichtungen, die sich entschleunigt entfalten und von perkussiven Grooves grundiert werden. Ab und an tauchen, harmonisch eingewoben in die elektronische Textur, solistische Motive auf, mal sind es ausschweifende Improvisationen des spirituellen Geigers Thomas Kagermann, mal vokale Einwürfe der australischen Sängerin Lisa Gerrard, die man von Dead Can Dance her kennt. (Mit ihr hatte er 2008 das Doppelalbum „Farscape" veröffentlicht.) Auch die australische Chill-out-Produzentin und Sängerin Julia Messenger ist genauso beteiligt, wie die US-Sängerin Chrysta Bell, die durch ihre Zusammenarbeit mit Kultregisseur David Lynch bekannt wurde. Doch die vokalen Beiträge der drei Sängerinnen sind eher verzierendes Beiwerk als inhaltlich prägender Einfluss.

Der Violinist Kagermann ist auch Mitwirkender am neuen Album „Raumwerk" des Kölner Elektronik/Ambientpop-Duos Art Of Infinity. Als ein weiterer Gastmusiker ist übrigens auch der ehemalige BAP-Gitarrist Klaus Major Heuser zu hören, und zwar im außergewöhnlichen Titel „Glasufo", bei dem auch Thomas Kagermann Violine spielt.

Der sprechende Albumtitel „Raumwerk" löst natürlich Assoziationen zu Kraftwerk aus - genauso wie die Titelüberschriften „Raum und Zeit", „Weltraum", „Traumraum" oder „Elektrischer Mann". Auch der deutschsprachige Sprechgesang befördert die Vorstellung von thematischen Parallelen zu Kraftwerk. Von einer Kopie der Düsseldorfer Elektropop-Pioniere kann allerdings keine Rede sein. „Wir haben unsere Produktionsweise mit Zutaten aus Elektronik, Artrock und Pop weiterentwickelt", sagt Thorsten Sudler-Mainz von Art Of Infinity. Vom Klangdesign her hat die Musik des neuen Albums „Raumwerk" tatsächlich mehr Nähe zu Pink Floyd als zu Kraftwerk.

Der ehemalige Kraftwerk-Musiker Karl Bartos kündigt derweil sein neues Album „Off The Record" an, das Mitte März veröffentlicht wird. Zwei Singles sind bereits vorab erschienen, zum einen der gänzlich im Kraftwerk-Sound gehaltene Track „Atomium" und zum anderen das melodisch sich an den Billig-Elektropop anbiedernde Stück „Without A Trace Of Emotion".

Rundherum gelungen ist dagegen das neue Album „Psychoanorexia" von t alias Thomas Thielen. Auch wenn „The Aftermath of Silence", der zentrale Titel des Albums, nur am Rande mit Elektronik zu tun hat, passt ein Ausschnitt aus diesem 18 Minuten langen Epos stimmig in diese Kramladen-Stunde mit neuer elektronischer Musik aus Deutschland. (.. hätte gepasst, war aber zeitlich in der Sendung nicht mehr unterzubringen und wird verschoben auf die Kramladen-Sendung am 28.03.13)

Playlist zur Kramladensendung am 28.02.13  Artist / Track / Album / Label / Zeitplan
1. L. Shankar / Darlene (Kramladen-Themamusik) / Touch Me There / Zappa Records / 01:02
2. Klaus Schulze / Shadowlights Ausschnitt 1 / Shadowlands / SPV / 03:51
3. Art Of Infinity / Arena / Raumwerk / BSC Music, Rough Trade / 12:25
4. Klaus Schulze / Shadowlights Ausschnitt 2 / Shadowlands / SPV / 19:52
5. Montage: The Who / Edgar Winter Group / Herbie Hancock // Montage: Baba O'Riley / Frankenstein / Rock It / 25:10
6. Karl Bartos / Without A Trace Of Emotion / Off The Record / Tapete Records / 28:50
7. Klaus Schulze / Shadowlights Ausschnitt 3 / Shadowlands / SPV / 34:38
8. Art Of Infinity / Glasufo / Raumwerk / BSC Music, Rough Trade / 40:08
9. Klaus Schulze / Shadowlights Ausschnitt 4 / Shadowlands / SPV / 47:37
10. Art Of Infinity / Zur Zweiten Welt / Raumwerk / BSC Music, Rough Trade / 53:04
11. Klaus Schulze / Shadowlights Ausschnitt 5 / Shadowlands / SPV / 58:50

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am Donnerstag 14.02.13 von 23 - 24 Uhr (Wiederholung Samstag 16.02.13 von 14 - 15 Uhr), Thema:

The Ballad of (George and) Yoko

Was verbindet George Harrison und Yoko Ono, außer dass sie beide mit John Lennon viel gemein hatten, wenn auch auf sehr unterschiedliche Weise? Paul McCartney wurde sogar eine One-Night-Stand-Affäre mit Yoko angedichtet. Unmittelbar bevor sie John Lennon kennenlernte, soll es passiert sein, schrieb der McCartney-Biograf Christopher Sandford. Gesichert ist, dass Paul und Yoko über Jahrzehnte eine teils bizarre Dauerfehde führten.

Von George weiß man nur, dass er sich nicht gerade freundlich über Yoko Ono geäußert hat, nachzulesen im offiziellen Beatles-Anthology-Buch. Über Yokos ständige Anwesenheit im Studio während der Aufnahmen zum „White Album" sagte er: „Es war sehr merkwürdig, sie ständig dabeisitzen zu haben. Es lag nicht einfach daran, dass es Yoko war oder dass wir keine Außenstehenden dabeihaben wollten; es waren ganz bestimmte Vibrationen zu spüren, und das störte mich. Es waren irgendwie unheimliche Vibrationen." - „Sie mochte uns nicht, denn sie empfand die Beatles als etwas, das zwischen ihr und John stand. Die Vibes, die ich empfing, sagten mir, dass sie ein Keil war, der sich tiefer und tiefer zwischen ihn und uns zu drängen versuchte, und das ist ihr dann auch gelungen." Also auch George Harrison strickte mit an der Legende, die böse Yoko habe die Beatles auf dem Gewissen.

Doch ausgerechnet Paul widersprach diesem jahrzehntelang kolportierten Schuldspruch, auf den sich die halbe Popwelt festgelegt hatte. Im Oktober 2012 verbreitete Paul über den englischen Kanal des Nachrichtensender Al Jazeera, Yoko Ono sei unschuldig an der Auflösung der Beatles. Die Fab Four hätten sich ohnehin getrennt.

Warum also werden George und Yoko hier in einem Atemzug genannt? Weil beide im Februar geboren wurden. Yoko am 18.02.1933, George am 25.02.1943.

Zu Yokos 80. Geburtstag zeigt die Kunsthalle Schirn in Frankfurt am Main ab dem 15. Februar eine Retrospektive der Konzept- und Performance-Künstlerin. Zu sehen sind Videos, Installationen und Objekte, wie etwa Yokos „White Chess Set", ein Schachspiel, bei dem alle Figuren weiß sind, um die Konfrontation ad absurdum zu führen. Oder „We're All Water", eine simple Regalanordnung von kleinen Wasserflaschen, die alle mit dem Namen unterschiedlicher Persönlichkeiten beschriftet sind. Die Idee dahinter lautet: „Wir sind alle Wasser, nur in unterschiedlichen Behältnissen." Oder „Sky Piece To Jesus", eine Performance, die Yoko Ono selbst in Szene setzen wird: „Musiker der Jungen Deutschen Philharmonie werden nach und nach mit Mullbinden so umwickelt, dass ihre Musik buchstäblich erstickt." (FR)

In Berlin wird Yoko dann am Vorabend ihres 80. Geburtstages selbst musikalisch aktiv. Dazu lässt sie die 1969 mit John Lennon gemeinsam gegründete Plastic Ono Band wieder aufleben - angeführt von ihrem Sohn Sean Ono Lennon. Für viele überraschend feiert Yoko Ono ihren 80. Geburtstag also nicht in New York oder London, sondern in Frankfurt und Berlin.

Der Kramladen würdigt Yoko Ono mit ein paar ihrer originellen Songs. Auch George Harrison wird Thema sein in dieser Stunde - aus Anlass seines 70. Geburtstages. Zu seinem 10. Todestag war im November 2011 Martin Scorseses Filmdokumentation „George Harrison - Living In The Material World" erschienen, das bis dato letzte große Werk, das dem „stillen Beatle" nochmals große Aufmerksamkeit in der Popöffentlichkeit verschaffte. Harrison war ein spiritueller Musiker, der täglich meditierte, was ihn aber auch nicht davon abhielt, ein begeisterter Beobachter der Formel 1-Rennen zu sein und Kinofilme zu produzieren. Letztlich entschied er sich aber gegen das materialistische Leben und wurde Gärtner. Der Mann, der die Sitar in die Popmusik einführte und die Popkultur für die indische Philosophie öffnete, „fand die größte Genugtuung darin, die Pflanzen in seinem Garten umzutopfen."

PS: Hinweis: wegen der Fülle des Materials zu Yoko Ono und wegen eines ausführlichen Interviews mit Yoko Ono, das ich erhalten konnte, war George Harrison in dieser Sendung leider kaum zu berücksichtigen. Sorry George!

Playlist zur Sendung am 14.02.13 zum 80. Geburtstag von Yoko Ono: Artist / Track / Album / Label
1. L. Shankar / Darlene (Kramladen-Themamusik) / Touch Me There / Zappa Records
2. Yoko Ono / Hard Times Are Over / Double Fantasy / Capitol Records
3. Yoko Ono / Walking On Thin Ice / Double Fantasy (Wiederveröffentlichung remastered 2000) / Capitol Records
4. The Beatles / Happiness Is A Warm Gun / The Beatles (White Album) / Apple
5. Yoko Ono / Wouldnit / Blueprint For A Sunrise / Capitol EMI
6. Yoko Ono / Death Of Samantha / Approximately Infinite Universe / Apple
7. Yoko Ono / Dream Love / It's Alright (I See Rainbows) / Polydor
8. Yoko Ono / Rising II / Blueprint For A Sunrise / Capitol EMI
9. George Harrison / Living In The Material World / Living In The Material World / Parlophone, Apple
10. The Beatles / I Want You (She's So Heavy) (Hintergrundmusik) / Abbey Road / Parlophone, Apple

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 am Donnerstag 31.01.13 von 23 - 24 Uhr (Wiederholung Samstag 02.02.13 von 14 - 15 Uhr), Thema:   

Achtsamkeit

... ein neues Modewort? Eine neue Technik der Lebenshilfe-Experten? Ein Weg, sein Leben zu verändern? Mach mal halblang. Erst mal klären, was das ist. Was bedeutet „Achtsamkeit"?

Nach dem Molekularbiologen Jon Kabat-Zinn, der schon Ende der siebziger Jahre damit begann, achtsamkeitsbasierte Übungen im klinischen Bereich einzusetzen, ist Achtsamkeit eine besondere Form der Aufmerksamkeit, die „absichtsvoll ist, sich auf den gegenwärtigen Moment bezieht (statt auf Vergangenheit oder Zukunft) und nicht wertend ist". Die aus der buddhistischen Tradition herrührende Achtsamkeit ist nicht identisch mit Konzentration. Achtsamkeit ist ein „Zustand hellwacher Geistesgegenwärtigkeit oder Präsenz, in dem ‚der Geist weit ist wie das Firmament', extrem klar, lebendig und transparent."

Der US-amerikanische Wissenschaftler Kabat-Zinn hat in seinem Buch ‚Im Alltag Ruhe finden' folgende Beschreibung von Achtsamkeit (im Gegensatz zur Konzentration) gegeben: „...so intensiv und befriedigend es auch sein mag, sich in der Konzentration zu üben, bleibt das Ergebnis doch unvollständig, wenn sie nicht durch die Übung der Achtsamkeit ergänzt und vertieft wird. Für sich allein ähnelt sie (die Konzentration) einem Sich-Zurückziehen aus der Welt. Ihre charakteristische Energie ist eher verschlossen als offen, eher versunken als zugänglich, eher tranceartig als hellwach. Was diesem Zustand fehlt, ist die Energie der Neugier, des Wissensdrangs, der Offenheit, der Aufgeschlossenheit, des Engagements für das gesamte Spektrum menschlicher Erfahrung. Dies ist die Domäne der Achtsamkeitspraxis."

„Wer achtsam ist, ist genau da, wo er gerade ist und tut genau das, was er gerade tut", sagt der Buchautor Ronald Pierre Schweppe im Kramladen-Interview.

Die Wahrnehmung der Achtsamkeit wird in der Medizin und Psychotherapie angewandt, aber auch beim Abnehmen, bei Stressreduzierung, bei der Prävention verschiedenartiger psychischer und körperlicher Störungen bzw. Probleme, hilft aber auch bei der Intensivierung des Wohlbefindens. Hilft Achtsamkeit auch beim Musikhören?

Die Musikverschmutzung des Alltags, die akustische Belästigung durch das permanente Berieseln mit Musik wird von vielen Menschen, die Musik eigentlich lieben, zunehmend als Ärgernis betrachtet. Nichts gegen Klangdesign und funktionelle Musik; sie haben ihre Aufgabe und Berechtigung dort, wo sie hingehören. Aber wenn im Kaufhaus oder Supermarkt hörenswerte Popsongs zur Steigerung der Wohlfühl-Atmosphäre missbraucht werden, oder wenn im Hitradio das Songprogramm nur als Begleitmedium verstanden und als musikalisches Hintergrundrauschen eingesetzt wird, dann verliert der zur Klangtapete degradierte Song sein Eigenleben, seine Botschaft und Bedeutung - und der Zuhörer verliert den eigentlichen Bezug zur Musik und seine Freude am beteiligten Zuhören. Übersättigung und Dauerberieselung führt beim Hörer irgendwann zur Abstumpfung, eventuell gar zur Ablehnung von Musik - und führt bei der Musikwahrnehmung des Klangkonsumenten zu einer Reduzierung der Aufnahmebereitschaft. Gewinnt die Musik und das Zuhören durch Achtsamkeit die ursprüngliche Bedeutung wieder zurück?

„Bei der Entwicklung der Achtsamkeit spielt die Konzentration auf den gegenwärtigen Augenblick eine große Rolle. Wenn wir lernen, uns beim Musikhören wieder auf das Jetzt auszurichten, wird Musikhören zu einer Chance, die Wahrnehmungsfähigkeit zu steigern. Es besteht die Möglichkeit, das Musikhören als Ruhepause zu nutzen, sodass die vielen Ablenkungen des Alltags ihre Macht über uns verlieren. Für die Praxis heißt das, dass wir uns vor typischen Ablenkungen in Acht nehmen sollten. Statt während des Musikhörens zu Essen, Zeitung zu lesen, Auto zu fahren oder mit Partygästen zu diskutieren, sollten wir die Aufmerksamkeit ganz auf uns selbst und unser Musikhören lenken - sicher nicht immer, aber immer wieder einmal. Nehmen Sie sich einmal täglich ein Musikstück vor, das sie mögen und das Sie dazu nutzen, um zu sich zu kommen, sich zu sammeln und dem medialen Dauerbombardement einen Riegel vorzuschieben. Während des Hörens dieses einen Musikstücks gilt: nicht herumlaufen, sondern hinsetzen. Nicht stummgeschaltet fernsehen, oder Videoclips anschauen, weder im Internet surfen, noch Zeitungen, Zeitschriften oder Bücher lesen und auch nicht telefonieren oder mit jemandem reden."

Dieses Zitat habe ich mit geringfügigen Ergänzungen, dem soeben veröffentlichten Buch „Achtsam Abnehmen" von Ronald Pierre Schweppe entnommen, wobei ich das Wort „Essen", bzw. „eine Mahlzeit" ersetzt habe durch „Musikhören" bzw. „ein Musikstück". Und verblüffend ist die Feststellung, dass Achtsamkeit sowohl bei der Veränderung von Essgewohnheiten, mit dem Ziel abzunehmen, genauso hilfreich sein kann, wie bei der Wiedergewinnung, bzw. Intensivierung des Zugangs zur Musik und darüber auch zu sich selbst.

Ein Zuviel an Kalorien durch unbewusstes Futtern, macht dick und unzufrieden, ein Zuviel an Musikberieselung durch diverse Schallquellen im Alltag macht stumpf und überdrüssig an Musik.

Am Jahresanfang ist das Abnehmen immer ein großes Thema und diverse Diäten haben Hochkonjunktur - obwohl wissenschaftliche Untersuchungen belegt haben, dass keine Diät tatsächlich funktioniert, jedenfalls nicht auf Dauer. Doch „Achtsamkeit" scheint wirklich hilfreich zu sein und kann sogar, im besten Fall, das Leben nachhaltig verändern - und nicht zuletzt auch das Musikhören und den Genuss an der Musik.

Einen guten Einstieg in das Thema „Achtsamkeit" vermittelt das nachstehend genannte empfehlenswerte Buch. Die Tipps für eine neue Einstellung zu Essen und Körpergewicht lesen sich sehr überzeugend und erfolgversprechend. Zitat aus dem Klappentext:

Entdecken Sie das Geheimnis innerer und äußerer Leichtigkeit

Nicht die Kalorien sind schuld, wenn Menschen zu viel wiegen, sondern die Geisteshaltung. Wer unachtsam und wie ferngesteuert isst, isst automatisch zu viel, zu schnell und zu oft zwischendurch. Man sollte aufhören, gegen sich selbst zu kämpfen und der Weisheit des Körpers vertrauen, die Fernsteuerung ausschalten und aufwachen, indem Achtsamkeit beim Essen entwickelt wird.

33 kleine Übungen helfen, tagtäglich Achtsamkeit zu entwickeln. Noch heute kann begonnen werden - beispielsweise indem man

  • sich mit den emotionalen Problemzonen vertraut macht,
  • die Stopp-Technik anwendet,
  • lernt, wie achtsames Essen im Hier und Jetzt funktioniert,
  • die Schokoladen-Meditation macht.

Um sich von belastenden Ernährungsmustern zu befreien, braucht man keine Brechstange. Meist genügen kleine, sanfte Impulse. Die 33 Übungen im Buch laden dazu ein, die Ernährungs- und Lebensweise dauerhaft zu verändern.

Ronald Pierre Schweppe / "Achtsam abnehmen / 33 Methoden für jeden Tag"

ISBN 978-3-942772-30-3 / 12,99 EUR (D)

Playlist zum Kramladen am 31.01.13, Thema: Achtsamkeit

Artist / Track / Album / Label
1. L. Shankar / Darlene (Kramladen-Themamusik) / Touch Me There / Zappa Records
2. Sebastian Sternal / Fly / Sternal Symphonic Society / Traumton Records, Indigo
3. Motorpsycho & Stale Storlokken / The Hollow Lands / The Death Defying Unicorn / Stickman, Indigo
4. Eels / On The Ropes / Wonderful, Glorious (VÖ: 15.02.13) / E Works, Cooperative
5. Tonefabric / Patanjali / Tonefabric (VÖ: 22.02.13) / Samarmusic, Prudence, Rough Trade
6. The Fretless / Harder To Walk These Days Than Run / Waterbound / Magnetic Music
7. EVO / Tant M'Abelis L'Amorós Pessamens / EVA (VÖ: 15.02.13) / Songsurfer, Cargo Records
8. Weird Al Yankovic / Fat (Akzent) / Even Worse / Scotti Bros, Intercord
9. Weird Al Yankovic / Eat It / Weird Al Yankovic in 3D / Bellaphon
10. Luther Allison / You Can't Always Get What You Want / Paint It Blue - The Songs of the Rolling Stones / Ruf Records
11. David & Steve Gordon / Soothing Sanctuary, Part 1 / Soothing Sanctuary / Prudence, BSC, Rough Trade
12. David & Steve Gordon / Soothing Sanctuary, Part 2 (Hintergrundmusik) / Soothing Sanctuary / Prudence, BSC, Rough Trade

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 am Donnerstag 17.01.13 von 23 - 24 Uhr (Wiederholung Samstag 19.01.13 von 14 - 15 Uhr), Thema:  

Janis Joplin - zum 70. Geburtstag

„Schuld war nur - der Sex. Auf die Standardfrage aller Journalisten, wie es denn nun angefangen habe mit ihrer phänomenalen Karriere, hatte Janis Joplin eine Antwort mit Schlagkraft parat: ‚Travis war so verdammt gut im Bett. Wie konnte ich da nein sagen?' Travis Rivers, ein junger Musiker, war im Jahre 1966 ins texanische Austin gekommen, wo Janis wohnte und bislang mit wechselnden Begleitmusikern in drittklassigen Clubs gespielt hatte, um sie davon zu überzeugen, dass ihr in Kalifornien eine große Karriere gelingen würde.

Der künstlerische Durchbruch kam schließlich an einem Juni-Wochenende im Jahr 1967. Auf dem (längst legendären) Festival im kalifornischen Monterey schlurfte Janis Joplin vor ein paar hunderttausend Zuhörern in einem Hosenanzug aus silberweißem Laméstoff auf die Bühne, stampfte mit dem Fuß auf und sang zur kakophonischen Begleitung ihrer ‚Big-Brother-Kumpane' - es war, als hätten alle nur auf diese brüchige, von Schmerz und Suff gezeichnete Stimme gewartet. Das Publikum tobte und die Kritiker ersannen eine Handvoll neuer Superlative. Neben dem bis dahin ebenso unbekannten Jimi Hendrix war sie die Entdeckung des Festivals ..." (Wolfgang Höbel)

„Wen interessiert es schon, ob sie musikalisch ganz auf der Höhe war oder nicht? Ihre goldene Weste funkelte, die Armreifen blitzten und klirrten an ihren Handgelenken. Da war das Flirren ihrer hautengen violetten Hose und der Haarwust, der durch ihr Gesicht wischte. Da waren die Flüche und der Tequila und der Sex. Stampfend, fauchend, heulend tobte sie über die Bühne. Ihren Konzerten beizuwohnen war genauso, als leitete man sich ein Aphrodisiakum direkt ins Rückenmark." (Myra Friedman, aus Die Story von Janis Joplin)

„Janis Joplin ist die weibliche Ikone der Rockmusik der sechziger Jahre. Die Fachmedien feierten sie wie einen Messias, die bürgerliche Presse empörte sich über die extrovertierten Shows und ihre ungezügelte Lebenslust. Trotz oder vielleicht auch wegen ihres Ruhmes erlebte Janis Joplin Zeiten der Einsamkeit, Leere und Entfremdung. Alkohol und Drogen machten sie zu einer ‚tragischen Heldin auf der Bühne der Jugend' (Time). 1970 wurde sie tot in einem Hotelzimmer aufgefunden - gestorben an einer Überdosis Heroin. Ihr einsames Ende, vergleichbar mit dem Tod von Jim Morrison oder Jimi Hendrix, war der traurige Abschluss eines selbstzerstörerischen Lebens voll Emotionalität und Agressivität." (Alice Echols, aus Janis Joplin - Piece of My Heart)

„Janis versuchte, einen neuen Lebensstil zu finden. Passenderweise trug sie den Namen des römischen Gottes Janus, der über jedes Ende und jeden Anfang herrschte. Janus wird immer im Profil dargestellt, mit zwei identischen Gesichtern, die in entgegengesetzte Richtungen schauen. Auch der Januar, der Geburtsmonat meiner Schwester, ist nach Janus benannt. Ihr ganzes Leben stand unter dem Zeichen des Veränderns und Werdens. Janis versuchte heldenhaft, sich selbst zu verändern, und damit half sie vielen, die ähnliches anstrebten. Sie war kein Mensch, der das Alte einen stillen, ungestörten Tod sterben ließ. Sie stieß es von der Klippe herab und schleuderte ihm eine Lawine der Wut hinterher. Bevor sie starb blitzte ein neues, ruhigeres Ich zaghaft im Dickicht ihrer massiven zynischen Ausfälle auf. Ihre Wiedergeburt war noch in den Wehen, als der Tod ihr ein so plötzliches Ende setzte. Die Wahrheit, die sie entdeckt hatte, lag in ihrer Musik. Sie gab alles dafür auf, weil sie nichts fand, was dem gleichkam. Wenn sie sang, entdeckte sie für sich eine neue Realität, und wenn sie mit dieser Kraft verschmolz, schenkte sie ihrem Publikum reine Liebe." (Laura Joplin, aus „Love Janis")

Über Janis Joplin, die am 19. Januar 1943 geboren wurde und am 4. Oktober 1970 starb, ist (fast) alles geschrieben worden. Aus Anlass ihres 70. Geburtstages blättert der Kramladen in diversen Publikationen über Janis Joplin und spielt einige ihrer großen Songs.

Playlist zum Kramladen am 17.01.13 Janis Joplin - zum 70. Geburtstag:  Artist / Track / Album / Label
1. L. Shankar / Darlene (Kramladen-Themamusik) / Touch Me There / Zappa Records
2. Janis Joplin & The Kozmic Blues Band / Kozmic Blues / I Got Dem Ol' Kozmic Blues Again Mama / Columbia
3. Janis Joplin & The Kozmic Blues Band / Try (Just A Little Bit Harder) / I Got Dem Ol' Kozmic Blues Again Mama / Columbia
4. Janis Joplin & The Kozmic Blues Band / Work Me, Lord / Absolute Janis / Columbia Sony
5. Janis Joplin & Big Brother and the Holding Company / Piece Of My Heart / Cheap Thrills / Columbia
6. Janis Joplin & The Full Tilt Boogie Band / Me And My Bobby McGee / Pearl / Legacy, Columbia
7. Janis Joplin & The Full Tilt Boogie Band / Move Over / Pearl / Legacy, Columbia
8. Janis Joplin & The Full Tilt Boogie Band / Buried Alive In The Blues / Pearl / Legacy, Columbia
9. Janis Joplin & The Paul Butterfield Blues Band / One Night Stand / Absolute Janis / Columbia, Sony
10. Janis Joplin & The Full Tilt Boogie Band / Get It While You Can / Pearl / Legacy, Columbia
11. Janis Joplin & The Full Tilt Boogie Band / Pearl (Hintergrundmusik) / Pearl / Legacy, Columbia

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Claude Nobstraurige Neuigkeit 10.01.13:  Claude Nobs, der Gründer und Chef des renommierten Montreux Jazz Festivals ist im Alter von 76 Jahren an den Folgen eines Skiunfalls gestorben. Claude Nobs, der im Text des Deep Purple-Songklassikers "Smoke On The Water" als "Funky Claude" verewigt wurde, brachte das Kunststück fertig, alljährlich im Juli die größten Stars aus Pop, Rock, Jazz und Weltmusik im beschaulichen Montreux am Genfer See zusammenzubringen und in einem der wichtigsten europäischen Festivals zu präsentieren - und zwar ohne staatliche Subventionen. Das diesjährige Montreux Jazz Festival vom 05. bis 20. Juli wird erstmals ohne die legendären Bühnen-Ansagen von Claude Nobs auskommen müssen. ("Legendär" waren seine Ansagen, weil er die Angewohnheit hatte, den Namen der Künstler nicht einfach nur zu nennen, sondern gleich mehrfach zu wiederholen. Claude Nobs war nicht einfach nur ein Festival-Veranstalter, sondern galt immer als "der Freund der Künstler".)

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am Donnerstag 03.01.2013 von 23 - 24 Uhr (Wiederholung Samstag 05.01.2013 von 14-15 Uhr), Thema:

Neues Jahr. Alte Krisen? Neuanfang!

Bankenkrise, Eurokrise, das kennen wir schon. Und wir ahnen auch, wer letztlich dafür zu zahlen hat. Die eigentlichen Verursacher wohl nicht. „Der Zocker würfelt, der Arbeiter zahlt die Rechnung", so heißt es im Song „Shackled And Drawn" von Bruce Springsteen. Bei seinen letzten Sommerkonzerten redete er Klartext und wetterte gegen die „gierigen Diebe" und „Raubritter" unter den Bankern. Anschließend widmete er seinen Song „Jack Of All Trades" „allen, die kämpfen müssen". Im Songtext attackiert der Boss die Auswüchse der globalen Finanzwelt mit zugespitzten Textzeilen wie diesen: „Der Banker wird fett, der Arbeiter wird dünn." Und kaum zu glauben, aber wahr: die Skandale und betrügerischen Schweinereien bei den Banken gehen immer weiter. (Man erinnere sich an die Razzien in der Deutschen Bank Mitte Dezember.)

Der aus der New Yorker Downtown-Szene stammende Multiinstrumentalist Elliott Sharp und seine Band Terraplane solidarisieren sich mit der Occupy-Bewegung und stimmen den „Banking Blues" an: „Ich hab den Banking Blues und wird ihn nicht mehr los." Im Text heißt es weiter, man sage, die Banken seien zu groß, um sie fallen lassen zu können. Und wer dafür zahlen müsse, sei klar. „Du bist ein Sklave des kapitalistischen Systems, das beherrscht wird von einer globalen Elite" - das sagte nicht die linke Jeanne D'Arc Sahra Wagenknecht, das singt Van Morrison in seinem Song „Educating Archie" aus seinem aktuellen Album „Born To Sing: No Plan B". Und er warnt vor der Gier und mahnt „Money doesn't make you fullfilled" im Song „Open The Door (To Your Heart)". In seinem Song "If In Money We Trust" fragt der Soul-Prediger Van Morrison: „Wenn Gott tot ist und das Geld nicht genug ist, woran glaubst du dann?"

Im Jahre 2010 besaßen die oberen zehn Prozent in den USA fünfundsechzigmal so viel wie die unteren fünfzig Prozent der Gesellschaft. Im Jahre 1992 waren es dagegen noch „nur" zwanzigmal so viel. Die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich auch in Deutschland immer weiter - auch wenn der FDP-Wirtschaftsminister Rösler die Zahlen zu schönen versucht. Die schottischen Folkrocker Skerryvore geißeln die Lügen der Politiker in ihrem aktuellen Song „The Last Time".

Aber es gibt Hoffnung: Der frankoschweizerische Trompeter Erik Truffaz ruft in seinem neuen Album „El Tiempo de la Revolución" zum Kampf für eine gerechtere Welt auf.

„Heut' Nacht retten wir beide die ganze Welt", singen Stoppok plus Artgenossen. Und Tom Liwa gibt mit seinen Flowerpornoes im neuen Album „Ich liebe Menschen wie ihr" für das Jahr 2013 einen Ausblick, der ebenso positiv wie relativierend ist: „Das Land ist schön / sind die Menschen auch seltsam, kein Problem / die Berge und Flüsse sind schon lange hier / und werden viel länger bleiben als wir."

Playlist für Kramladen vom 03.01.13 Neues Jahr. Alte Krisen? - Neuanfang!

Artist / Track / Album / Label
1. L. Shankar / Darlene (Kramladen-Themamusik) / Touch Me There / Zappa Records
2. Skerryvore /The Last Time / World Of Chances / Tyree Records, Magnetic Music
3. Elliott Sharp's Terraplane / Banking Blues / Sky Road Song / Yellowbird Records, Enja Records
4. Van Morrison / Educating Archie / Born To Sing: No Plan B / Blue Note
5. Van Morrison / If In Money We Trust / Born To Sing: No Plan B / Blue Note
6. Bruce Springsteen / Shackled And Drawn / Wrecking Ball / Sony
7. Zwoastoa / Da Scheich / Scheiss Da Nix / BSC, Rough Trade
8. Pet Shop Boys / Hold On / Elysium / Parlophone
9. Franz Kasper / Did The Devil Not Corrupt You / Did The Devil Not Corrupt You / Dayglo Records
10. Stoppok plus Artgenossen / Heut' Nacht / 2011 Stadtteater Landsberg am Lech / The Label Formerly Known As Raffmond
11. Flowerpornoes / Land / Ich liebe Menschen wie ihr / GIM Records, Intergroove
12. Erik Truffaz Quartet feat. Anna Aaron / Blow Away / El Tiempo De La Revolución / Blue Note, EMI
13. Erik Truffaz Quartet / El Tiempo De La Revolución (Hintergrundmusik) / El Tiempo De La Revolución / Blue Note, EMI