Schallplatte mit Volker Rebell Beschriftung

 

Die Themen der Kramladen-Sendungen in Byte.FM von Januar bis Juni 2011:

Kramladen in ByteFM am Donnerstag 23.06.2011 von 23-24 Uhr (Wiederholung Samstag 25.06.11 14-15 Uhr) Thema:

„Lizard King, Endzeit-Poet, Leder-Ikone, Rock-Schamane"
Zum 40. Todestag von Jim MorrisonMorrison

„Und Jim stirbt jeden Tag ein bißchen mehr, schrecklich und schön, während er darum ringt, seine Kunst zu perfektionieren," schrieb das US-Magazin Crawdaddy 1968 ahnungsvoll über den Sänger der Doors. Doch dessen eigentliche künstlerische Berufung war die des Dichters, nicht des Rockstars. Doch wenn er längere Gedichte im Konzert rezitierte, pfiff das Publikum, buhte ihn aus und schrie nach „Light my fire". Er reagierte mit Publikumsbeschimpfung, Bosheit, Arroganz und Verachtung. Die Fans wollten den Superstar, das Sex-Symbol, den exzentrischen Underground-Performer erleben, all diese Rollen, die er perfekt zu spielen verstand - doch mit dem Dichter Jim Morrison konnten nur die Wenigsten etwas anfangen.
Auch die Kritiker vom Fach waren gespalten, was die Beurteilung seiner Lyrik anging. Sie fanden „hellsichtiges und nebulöses: Kristalle und Abraum, Scharfsinn und Stumpfsinn, Nachdenkliches und Nachempfundenes, Visionen, Gespinste, Alpträume" (U. Schmidt).
In seinem großen Poem „An American Prayer" heißt es: „Der Tod macht Engel aus uns allen, gibt uns Flügel so weich wie Rabenschwingen. Dieses andere Königreich scheint das bei weitem beste zu sein." Jim Morrison kam es immer darauf an, Türen aufzustoßen - „Türen zur Freiheit, zum Unbekannten, zum Unbewussten, zum Unheimlichen". „Break on through to the other side", so hieß seine Maxime. Der Durchbruch zur anderen Seite ist ihm am 3.7.1971 in einer endgültigen Konsequenz gelungen. Seine Langzeit-Freundin Pamela Courson, mit der er seit März 1971 in Paris lebte, fand ihn am Morgen des 3. Juli tot in der Badewanne. Herzversagen wurde als Todesursache angegeben; vermutlicher Auslöser war Alkohol-Missbrauch und eine Heroin-Überdosis. Kurz vor seinem Tod hatte Jim Morrison ahnungsvolle Zeilen in sein Notizbuch geschrieben:
„Lass den aufgeklärten Verstand in unserem Kielwasser zurück / du wirst Christus sein auf dieser Pauschalreise / Geld schlägt die Seele / letzte Worte, letzte Worte / Aus."
„This is the end" - noch lange nicht. Sein Grab gehört zu den „populärsten Touristenattraktionen in Paris und ist bis heute das meistbesuchte der rund 70.000 Gräber des Friedhofs Père Lachaise, auf dem viele bekannte Persönlichkeiten ruhen" (Wikipedia). Zum 40. Todestag taucht nun wieder die Legende auf, Jim Morrison habe seinen Tod nur vorgetäuscht, um fernab des Starrummels ein neues Leben zu beginnen. Der heute 67-jährige würde inkognito auf den Seychellen leben. Ausgerechnet der Doors-Kollege Ray Manzarek hatte diese Legende 2008 in die Welt gesetzt - und zwar mit der Aussage, im Jahre 1970 habe Jim Morrison ihm eine Broschüre über die Seychellen gezeigt mit den Worten: „Wäre das nicht ein perfekter Ort, wenn dich jeder für tot hält?"
1969 hatte Jim Morrison in einem Interview gesagt: „Ich hätte nichts dagegen, bei einem Flugzeugabsturz ums Leben zu kommen. Das wäre eine gute Art, abzutreten. Ich will nicht im Schlaf sterben oder an Altersschwäche oder an einer Überdosis. Ich möchte wissen, wie es sich anfühlt. Ich möchte es schmecken, hören, riechen. Man stirbt nur ein einziges Mal, und ich will das nicht verpassen."

Playlist für Sendung zum 40. Todestag von Jim Morrison am 23.06.11
Artist / Track / Album / Label
1. Jim Morrison / Bird Of Prey / An American Prayer / Elektra / WEA
2. L. Shankar / Darlene (Kramladen-Themamusik) / Touch Me There / Zappa Records
3. The Doors / Break On Through / The Doors / Rhino / Warner Music
4. The Doors / Under Waterfall / Stoned Immaculate / Elektra
5. The Doors / Orange County Suite / The Very Best Of The Doors / Rhino /Warner Music
6. The Doors / Peace Frog / Morrison Hotel / Rhino / Warner Music
7. Jim Morrison & The Doors / Dawn's Highway / An American Prayer / Elektra /WEA
8. Jim Morrison & The Doors / Newborn Awakening / An American Prayer / Elektra /WEA
9. The Doors / Light My Fire / The Doors / Elektra / WEA
10. Various Artists / Light My Fire (Montage) / A Collection Of Various Interpretations Of Light My Fire / Roof Music / Trocadero Records
11. The Doors / Riders On The Storm / L.A. Woman / Elektra / WEA
12. The Doors / When The Music Is Over / Strange Days / Elektra / WEA
13. Erlend Krauser / Riders On The Storm (Hintergrundmusik) / Flight Of The Phoenix / Erdenklang

 

Kramladen in ByteFM am Donnerstag 09.06.2011 von 23-24 Uhr (Wiederholung Samstag 11.06.11 14-15 Uhr) Thema:

"Lord of Classic-Rock" - eine kleine Geschichte des Genres Klassik & Rock - zum 70. Geburtstag von Jon Lord

„Aufgedonnert, pathetisch, kitschig, pompös, vergeigt !", so hat man früher den Einsatz von großen Orchestern in der Rockmusik oft geschmäht. Heute gehört es längst zum guten Ton, ein großes Sinfonieorchester, ein mittleres Klassik-Ensemble oder zumindest ein kammermusikalisches Streichquartett als Begleitung zu verpflichten. Liegt es am Überangebot preisgünstiger osteuropäischer Orchester, oder liebt der Pop-Zeitgeist einen noblen Hauch von Klassik, oder sollte die jahrzehntelang zementierte Trennung zwischen E- und U-Musik endlich auf dem Müllplatz der Musikgeschichte entsorgt worden sein?

Wenn zwei Welten sich treffen
Deep Purples klassisch ausgebildeter Tastenvirtuose Jon Lord war neben Keith Emerson der erste Rockmusiker, der eine Komposition mit Werkcharakter speziell für das Zusammenspiel von Orchester und Rockgruppe geschrieben hat. Unter der Überschrift „When Two Worlds Meet" wurde Jon Lords „Concerto For Group And Orchestra" am 24.September 1969 in der Londoner Royal Albert Hall von Deep Purple und The Royal Philharmonic Orchestra unter der Leitung von Malcom Arnold uraufgeführt. Im Oktober 1969 folgte Keith Emerson mit seiner Gruppe The Nice und der Aufführung seines Orchesterwerks „Five Bridges Suite". Diese beiden ersten Klassik/Rock-Projekte, die sehr erfolgreich waren und überwiegend positiv besprochen wurden, gelten als Initial-Zündung für die sich schlagartig ausbreitende Interaktion zwischen Pop/Rock und Klassik.

Alles geht zwischen Bach und Beat
Bach (goes R'n'B), Mussorgski (ELP), Mozart (Toni Castells, Mozartband), Wagner (Ben Lierhouse Project), Smetana (Matthias Arfmann Recomposed) und andere E-Musik-Komponisten wurden verrockt. Der Münchner Dirigent Eberhard Schoener verschmolz Klassik, Rock, Weltmusik und Elektronik, während Vivaldi-Geiger Nigel Kennedy eine wilde Mixtur aus Klassik, Punk, Jazz und Avantgarde präsentierte. Dagegen eher brav sang Heldentenor Pavarotti mit unzähligen Pop/Rockmusiker im Duett. Aus dem Poplager versuchten sich Paul McCartney (Standing Stone), Frank Zappa (The Yellow Shark) und andere an Kompositionen im klassischen Gewand.
In fast allen Stilrichtungen der Pop/Rockmusik gab es Projekte mit großem Orchester: ob
im Artrock mit Yes, im Metalrock mit Metallica, im Jazzrock mit Pat Metheny, im Punk mit The Stranglers, im HipHop mit Puff Daddy oder dem Rapsody Poject.
Heute treten Sting und Peter Gabriel wie selbstverständlich mit großem Orchester auf, der Klassik-Geiger David Garrett spielt seine „Rock-Symphonies" in Open Air-Arenen, das neu formierte Electric Light Orchestra tingelt mit Orchesterbegleitung durch die Provinz, die Beatles Revival Band lässt die Lennon/McCartney-Songklassiker im pompös-orchestralen Glanz erstrahlen und jedes zweite Stadtfest oder Firmenjubiläum gönnt sich ein Konzert „Classic meets Rock".

Vom Hardrock zum Klassik-Rock zum Bluesrock
Derweil ist der ursprünglich hard-and-heavy rockende Pionier des Klassik/Rock-Experiments Jon Lord zum Bluesrock zurückgekehrt, mit dem er seine Musikerkarriere in den frühen sechziger Jahren begonnen hatte. Nachdem Jon Lord im Jahre 2002 die von ihm mitgegründete Band Deep Purple im Jahre 2002 endgültig und in aller Freundschaft verlassen hatte, widmete er sich neben weiteren Klassik-Rock-Produktionen seiner alten Liebe Rhythm'n'Blues und Hammond-Orgel. Mit seinem Jon Lord Blues Project ist er seit 2008 kontinuierlich auf Tour und spielt auf seiner Hammond große Rock- und R&B-Klassiker, unterstützt von hochkarätigen Mitmusikern: der Ex-Stone the Crows-Sängerin Maggie Bell, dem Savoy Brown-Gitarristen Miller Anderson, dem Super-Bassisten Colin Hodgkinson (Back Door etc) und der Drummer-Legende Pete York.
Der Kramladen feiert den am 9. Juni 1941 geborenen Jon Lord und erinnert an ein paar Meilensteine im weiten Feld zwischen Klassik und Rock.
„But in the end, if music doesn't stand alone and stand and speak for itself, then it's failed." (Jon Lord)

Playlist zur Sendung Rock & Klassik v. 09.06.11
Artist / Track / Album / Label
1. L. Shankar / Darlene (Kramladen-Themamusik) / Touch Me There / Zappa Records
2. Deep Purple & The London Symphony Orchestra / Sometimes I Feel Like Screaming / Deep Purple in Concert with The London Symphony Orchestra / Eagle Records
3. Sting / Every Breath You Take / Symphonicity / Sting Live in Berlin / Deutsche Grammophon
4. B.B. King & Luciano Pavarotti / The Thrill Is Gone / Pavarotti & Friends for Guatemala and Kosovo / Decca / Universal
5. Eberhard Schoener & Friends / Trans Am / Crossing Times And Continents / Universal
6. Deep Purple and The Royal Philharmonic Orchestra / Concerto for Group and Orchestra, Third Movement - Presto / Deep Purple Concerto for Group and Orchstra / Harvest / EMI
7. The Beatles / A Day In The Life (Fragment) / Sergeant Pepper's Hearts Club Band / EMI
8. Yes / Long Distance Runaround / Yes Symphonic / Eagle Records
9. Jon Lord & Sam Brown / Wait A While / Pictured Within / Virgin Classics
10. Jon Lord / From The Windmill (Hintergrundmusik) / Pictured Within / Virgin Classics

 

Kramladen in ByteFM am Donnerstag 26.05.2011 23-24 Uhr (Wiederholung Samstag 28.05.11 14-15 Uhr:

„Things Have Changed" - Zum 70. Geburtstag von His Bobness

„Dylan sollte sich was schämen", ereiferte sich im letzten Monat der Menschenrechtler Brad Adams von Human Rights Watch, weil der einstige Protestsänger sein Live-Programm habe zensieren lassen. Sowohl bei seinen Auftritten in China als auch in Vietnam verzichtete Dylan auf seine Protestsongs „The Times They Are A-Changin" und „Blowin' In The Wind" und habe sich somit der Zensur gebeugt und die Freiheitsbewegung verraten. Zeigt sich hier wieder das alte Missverständnis, dass Dylan in den sechziger Jahren zum führenden Kopf der Protestbewegung in den USA erklärt wurde, diese ihm zugedachte Rolle aber niemals spielen wollte. Sein ablehnender Song „It Aint Me Babe" („Ich bin nicht der, den du suchst") kann als Ausdruck dieser Verweigerungshaltung gedeutet werden. Unmissverständlich wurde er im „Subterranean Homesick Blues" mit der gleichermaßen klaren wie ironischen Zeile „Folge keinem Führer, beachte die Parkuhren".

Der Führer wider Willen und seine Gefolgschaft
Aber dennoch folgten Heerscharen von Anhängern jahrzehntelang dem wortmächtigen „Picasso of Song" (Leonard Cohen), verfolgten seine Songbotschaften vom sarkastischen „With God On Our Side" (1964) über die Hoffnung auf jenseitige Erlösung im Song „Tryin' To Get To Heaven" (1997) bis zum liebes-sehnsüchtigen „I Feel A Change Comin On" (2009); sie pilgerten zu den Konzerten seiner „never ending tour" und nahmen ihm nicht krumm, dass er 1979 mehr predigte als sang und im Sinne seiner christlichen Erweckung missionierte, dass er 1987 ohne einen Hauch von Kritik an der DDR-Obrigkeit in Ost-Berlin auftrat, dass er 1997 für den stockkonservativen Papst Johannes Paul II. spielte und sich anschließend mit einem tiefen Diener vor dem Nachfolger Petri verneigte. Sie wollten nicht wahr haben, dass die Stimme ihrer Generation, jener „kritische Songpoet, der oft gegen die Allgegenwart der Reklame polemisierte" (FAZ) 2004 Werbung für luxuriöse Damenunterwäsche machte.
Ihm haben seine Anhänger alles verziehen, nicht aber dem Nobelpreis-Komitee, das dem „Shakespeare des 20. Jahrhunderts" (New York Times), dem „größten lebenden Dichter des Pop" (Die Welt) den Literatur-Nobelpreis bis heute verweigerte.

Von Zimmermann zu Dylan
Wenn ein Sänger seinen bürgerlichen Namen Robert Allen Zimmermann ablegt, um sich Bob Dylan zu nennen - nach dem walisischen Dichter Dylan Thomas, der für seine poetische Kunst gefeiert wurde, aber schon im Alter von 39 Jahren an den Folgen seiner Alkoholsucht starb - dann durfte man von einem gewissen Anspruch dieses Sängers und Songschreibers ausgehen. Tatsächlich gilt er als der bedeutendste Songschreiber der Popgeschichte, weil er wie kein anderer die ur-amerikanischen Musikstile mit Songtexten von hohem literarischem Rang verschmolz.
Über seine stimmlichen Qualitäten streiten sich die Geister. Während seine Fans von der besonderen Ausdrucksstärke, Authentizität und rauen Intensität schwärmen, mokieren sich andere über seine „unschöne" Stimme, die wie „kochender Straßenteer" klinge, oder als käme sie geradewegs „über die Mauern eines Lungensanatoriums". Kein Wunder, dass so mancher Popfan fast jede Coverversion eines Dylan-Songs dem Original vorzieht. Und Neuinterpretationen und Coverversionen von Dylan-Klassikern gibt es wie Sand am Meer. Das reicht von den Byrds bis Jimi Hendrix, Van Morrison bis Richie Havens, Manfred Mann's Earth Band bis Guns N' Roses, Eric Clapton bis The White Stripes, Chrissie Hynde bis Sheryl Crow, Norah Jones bis Cassandra Wilson usw.. Unter den deutschsprachigen Dylan-Interpreten sind zu nennen: Wolfgang Ambros, Christopher & Michael, Wolfgang Niedecken, Ringsgwandl, Dirk Darmstädter u.a..

Dylan der Archivar
Heute ähnelt Bob Dylan mit seinen letzten Alben „Love And Theft" von 2001, „Modern Times" von 2006 und „Together Through Life" von 2009 und auch mit seinen eigenen, vielgelobten pophistorischen Radio-Sendungen einem Musik-Archivar, der die Geschichte der amerikanischen Musik dokumentieren will.
Viele Musikbegeisterte seiner Generation haben bis heute mehr Bezug zu der frühen Phase des Meisters, als Dylan-Songs noch für gesellschaftlichen Aufbruch und revolutionäre Veränderungen standen und greifen entsprechend selbst gerne ins Dylan-Archiv. Als Kultobjekt gilt vielen Dylan-Verehrern der Dokumentarfilm „Don't Look Back" von P.A. Pennebaker. Vor 44 Jahren erschien der Tour-Film von Bob Dylans dreiwöchiger Solo-Tournee durch England, die im Frühjahr 1965 stattfand. Dieser Film „Don't Look Back" gilt als eines der großen Zeitdokumente der populären Musikgeschichte. Man sieht Ausschnitte aus den Konzerten und viele private Szenen wie aus einem Reisetagebuch:
Joan Baez singt zur Gitarre im Hotelzimmer „Love Is Just A Four Letter Word", während Dylan ununterbrochen in seine Reiseschreibmaschine Texte hämmert. Irgendwann sagt er: „Ich hab den verdammten Song nie beendet." Später greift auch er zur Gitarre und singt ein paar Zeilen aus dem Hank Williams-Klassiker „I'm So Lonesome I Could Cry". Nächste Szene: Dylan steht in Newcastle vor dem Schaufenster eines Musikgeschäfts, betrachtet die ausgestellten E-Gitarren und sagt: „Schau dir diese Gitarren an, so was kriegst du in den Staaten nicht." Später sieht man Dylan in einem Hinterzimmer Klavier spielen. Dann ein Interview, ein launiges Gespräch mit Alan Price, bei dem viel gelacht wird. Dylan backstage kurz vor einem Auftritt. Dylan auf der Bühne, er singt: „Don't Think Twice". Dylan debattiert mit einem betrunkenen Fan. Donovan singt im privaten Kreis „To Sing For You". Er reicht die Gitarre an Dylan weiter und sagt: „Ich würde gerne ‚It's All Over Now, Baby Blue' hören". Dylan erfüllt ihm den Wunsch. In der Royal Albert Hall singt er: „The Times They Are A-Changin'". In der nächsten Ansage spricht er von einem schrecklichen Traum. Er habe in die Toilette geschaut und hätte dort Donovan gesehen. Er grinst, das Publikum lacht und applaudiert.
Und so geht dieses Roadmovie immer weiter. Es gehört zu den besten frühen Filmen über Popmusik, die je veröffentlicht wurden.

Vom Roadmovie zum Reisen um die Welt
Heute konzertiert Dylan überall auf der Welt - auch in kommunistischen Staaten, die es mit den Menschenrechten nicht so genau nehmen. Auch wenn Dylan sich der chinesischen Zensur beugt und seine berühmten Protestlieder in Peking und Shanghai nicht singt, im restlichen Songrepertoire, das er live singt, finden sich noch genug Bezüge, die kritisch bis aufmüpfig zu deuten sind. In Ho-Chi-Minh-Stadt sang er „Gonna Change My Way Of Thinkin", in dem es heißt: „Ich werde mein Denken ändern, werde mit meinem Fuß aufstampfen und mich nicht mehr von Narren beeinflussen lassen." In China hätte er „I Shall Be Released" singen sollen, was sich dann angehört hätte wie „Ai Shall Be Released", ein Aufruf für die Freilassung des inhaftierten Künstlers und Regime-Kritikers Ai Weiwei. Doch Dylan tat das nicht. Er lässt sich vor niemandes Karren spannen.
Im seinem Song „Things Have Changed" von 1999 heißt es: „Die Leute sind verrückt und die Zeiten sind seltsam / Ich bin mittendrin und außer Reichweite / Ich habe mal Anteil genommen, aber die Dinge haben sich geändert."

Playlist zur Dylan-Sendung am 26.05.11
Artist / Track / Album / Label
1. L. Shankar / Darlene (Kramladen-Themamusik) / Touch Me There / Zappa Records
2. Bob Dylan / Sugar Baby / Love And Theft / Columbia
3. Bob Dylan / Someday Baby / Modern Times / Columbia
4. Elin Sigvardsson / You're A Big Girl Now / May Your Song Always Be Sung Vol.3 / BMG
5. Bob Dylan / Shelter From The Storm / Blood On The Tracks / Columbia
6. Dirk Darmstaedter / Shelter From The Storm / Dirk sings Dylan / Tapete
7. Bob Dylan / The Times They Are A-Changing / Dream Dylan Live Concert / Columbia
8. James Taylor, Carly Simon, Graham Nash / The Times They Are A-Changing / No Nukes / Warner Bros
9. Alastair Moock / Let Me Die In My Footsteps / May Your Song Always Be Sung / BMG
10. Rolling Stones / Like A Rolling Stone / Stripped / Virgin
11. Bob Dylan and his Electric Band / Like A Rolling Stone / The Other Side Of The Mirror - Bob Dylan live at the Newport Folkfestival / Columbia
12.. Bruce Springsteen, Tracy Chapman, Sting, Peter Gabriel, Youssou N'Dour / Chimes Of Freedom / Concert for Amnesty International 1988 / download
13. Bob Dylan / Things Have Changed / Dylan / Sony BMG

Rückblick auf hr3-madhouse-special am Dienstag 24.05.11 von 22 -24 Uhr; Thema: "His Bobness" - Bob Dylan wird heute 70 - mit VR (Co-Moderation, Programmgestaltung), mehr ... ;

Rückblick auf hr3-madhouse-special am Dienstag 17.05.11 von 22-24 Uhr; Thema: "Uns' Udo wird Rentner" - zum 65. Geburtstag von Udo Lindenberg - mit VR (Co-Moderation, Programmgestaltung); mehr ...

 

Kramladen in ByteFM am Donnerstag 12.05.2011 von 23-24 Uhr (Wiederholung Samstag 14.05.11) Thema:

Gedenktage

„Nicht der Schnelllebigkeit hinterherhetzen, sondern sich mehr um etwas wie Zeitlosigkeit kümmern" - das ist ein Grundsatz, den der deutsche Jazzrock-Primus Klaus Doldinger für sich und seine Musik definiert hat. Der Gründer von Passport feiert am 12. Mai seinen 75. Geburtstag.
Auf ähnliche Weise zeitlos ist auch der Rhythm'n'Blues-Rock des Animals-Sängers Eric Burdon. Und als nicht minder überdauernd erweist sich seit über 35 Jahren der Reggae des ersten Superstars aus der Dritten Welt Bob Marley. Für Burdon und Marley ist der 11. Mai sozusagen ihr Schicksalstag. Der 11. Mai 2011 ist der 70. Geburtstag von Eric Burdon und der 30. Todestag des „King of Reggae" Bob Marley.
Der Kramladen würdigt mit Klaus Doldinger, Eric Burdon und Bob Marley drei große Persönlichkeiten, die bleibende Spuren in der Pop/Rock-Geschichte hinterlassen haben. Der Schwerpunkt der Sendung gehört Eric Burdon.

Playlist zum Kramladen "Gedenktage" am 12.05.2011
Artist / Track / Albumtitel / Label
1. L. Shankar / Darlene (Kramladen-Themamusik) / Touch Me There / Zappa Records
2. Paul Brady / The World Is What You Make It / Nobody Knows - The Best Of Paul Brady / Ryko
3. Eric Burdon / Soul Of A Man / Soul Of A Man / SPV
4. Eric Burdon / Once Upon A Time / My Secret Life / SPV
5. Eric Burdon and The Animals / When I Was Young / Athens Traffic Live / SPV
6. Eric Burdon and War / Spill The Wine / Eric Burdon Declares War / Polydor
7. Eric Burdon / Devil Run / Soul Of A Man / SPV
8. The Animals / House Of The Rising Sun / Love & Peace /Universal
9. Eric Burdon / House Of The Rising Sun / Special-Edition zur Autobiographie Eric Burdon, ‘My Secret Life" / Palmyra Records
10. Klaus Doldingers Passport / Merhba / Passport To Morocco / Warner Classics & Jazz
11. Bob Marley with MC Lyte / Jammin' (Remix) / Jammin' Remixes / Mercury
12. Bob Marley & The Wailers / I Know A Place / I Know A Place / Mercury
13. Klaus Doldinger & Passport / Never Ending Blues (Hintergrundmusik) / Down To Earth / WEA

 

 

Kramladen in ByteFM am Donnerstag 28.04.2011 von 23-24 Uhr (Wiederholung Samstag 30.04.2011 14-15 Uhr) Thema:

Shalom - Jewish Music, von Willy Schwarz zu Kosher Nostra

„Love Is A River", so heißt das neue Album des jüdischen Weltmusikers und Kosmopoliten Willy Schwarz. Nicht nur über die Friedenskraft der Liebe singt der New Yorker Multiinstrumentalist mit deutsch-italienischer Abstammung und zeitweiligem Wohnsitz in Bremen. Die Song-Eröffnung des Albums handelt von Murat Kurnaz, dem deutsch-türkischen Guantánamo-Häftling und sogenannten „Bremer Taliban". Danach geht's musikalisch über den Balkan nach Osteuropa zur Herkunft der jiddischen Lieder und des Klezmer. Der Song „Hard Time" ist ein Protestsong im Stil des frühen Dylan und handelt von den Gräueln und Ungerechtigkeiten der US-Regierung während der Amtszeit von George W. Bush. Im Titelstück des Albums und im Song „Language Of The Heart" beschwört Willy Schwarz den Segen der Liebe.
Von jüdisch-amerikanischen Mafiosi und Gangstern aus der Unterwelt von New York und Chicago und deren Verknüpfung mit der Musikgeschichte der USA handelt das neue Projekt „Kosher Nostra" des Frankfurter Musikers, Produzenten und Bucovina Club-Erfinders Shantel. „Jewish Gangsters Greatest Hits" so lautet die Unterzeile dieser Kompilation, die etliche Raritäten zu Tage fördert: von Tom Jones, der seine „Yiddishe Mamme" besingt, bis zu Chubby Checker, der neben seinem Welthit „Let's Twist Again" unter anderem auch den Traditional „Misirlou" im jiddischen Klezmer-Stil sang.
„Diese einmalige Zeitreise in die Musikclubs, Revuetheater und Spielkasinos der 20er- bis in die 60er Jahre beweist eindrücklich: Hier gab es eine große Vielfalt und eine staunenswerte Melange von Stilen" (essay recordings).
Neben den aktuellen Produktionen „Kosher Nostra" von Shantel & Oz Almog und „Love Is A River" von Willy Schwarz sind im „Jewish Music"-Kramladen auch Ausschnitte aus der 12-teiligen Anthologie „Sol Sain - Jiddische Musik in Deutschland und ihre Einflüsse (1953-2009)" vom vergangenen Jahr zu hören.

Playlist zum Kramladen "Shalom"
Artist / Track / Albumtitel / Label
1. L. Shankar / Darlene (Kramladen-Themamusik) / Touch Me There / Zappa Records
2. Fayvish Akhtsik / er zibetsik zi / Sol Sajn - Jiddische Musik (1953-2009) / Bear Family Records
3. Willy Schwarz / Wrong Place Wrong Time / Love Is A River / Jaro Medien
4. The Andrew Sisters / Bei Mir Bistu Sheyn / Kosher Nostra - Jewish Gangsters Greatest Hits / Essay Recordings
5. Espe / Di Grine Kusine / Sol Sajn - Jiddische Musik (1953-2009) / Bear Family Records
6. King Django / Geret'nish / Sol Sajn - Jiddische Musik (1953-2009) /Bear Family Records
7. Willy Schwarz / Hard Time / Love Is A River / Jaro Medien
8. Nayekhovichy / Rezinke / Sol Sajn - Jiddische Musik (1953-2009) / Bear Family Records
9. Tom Jones / My Yiddishe Mamme / Kosher Nostra - Jewish Gangsters Greatest Hits / Essay Recordings
10. Chubby Checker / Misirlou / Kosher Nostra - Jewish Gangsters Greatest Hits / Essay Recordings
11. Amsterdam Klezmer Band & Shantel / Sadagora / Hot Dub Remixed / Essay Recordings
12. Pete Seeger / Schtill, die Nacht iz ojsgeschternt / Sol Sajn - Jiddische Musik (1953-2009) Bear Family Records
13. Solomon & Socalled / Kale Bazetsn / Sol Sajn - Jiddische Musik (1953-2009) / Bear Family Records
14. The Klezmatics / Bulgars #2 / Tantsn un Shpringen (Hintergrundmusik) / Tuml = Leben / Piranha / Indigo

 

 

Kramladen in ByteFM am Donnerstag 14.04.2011 von 23-24 Uhr (Wiederholung Samstag 16.04.2011 14-15 Uhr) Thema:

Von King zu Koester

„Whatcha gonna do now", nicht nur mit diesem, dem einzigen englischsprachigen Song ihres neuen, hörenswerten Albums „Seefahrerherz" macht die Sängerin, Gitarristin und Songschreiberin Meike Koester hörbar, wo ihre musikalischen Wurzeln liegen. Ihre feinnervigen Lieder stehen in der Tradition der großen US-amerikanischen Songer/Songwriterinnen.
Mit Carole King's Erfolgsalbum „Tapestry" Jahren begann vor 40 Jahren die Frauen-Power in den Charts. Das mit vier Grammys ausgezeichnete Album „Tapestry" verkaufte weltweit über 25 Millionen Exemplare und blieb ein Vierteljahrhundert lang das meist verkaufte Album einer Solosängerin und Songschreiberin. Der unglaubliche und unerwartete Erfolg von Songs wie „I Feel The Earth Move", „So Far Away", „It's Too Late", „You've Got A Friend" (von ihrem Freund James Taylor 1971 zum Nummer 1-Hit gemacht) u.a., allesamt enthalten auf dem großartigen Album „Tapestry", ebnete den Weg für alle Sängerinnen/Songschreiberinnen, die nach ihr kamen.
Auch für Meike Koester, erst recht für Heather Nova, die durch den Musikgeschmack ihrer Eltern schon in der Kindheit mit Singer/Songwriter-Größen wie Dylan, Joan Baez oder Carole King in Berührung kam. Die neue Single „Higher Ground" von Heather Nova erzählt im Stil der sozial engagierten Singer/Songwriter-Bewegung die Geschichte von dem Journalisten Matt George und dessen Wohltätigkeits-Organisation „Last Mile", deren Ziel es ist, Menschen in abgeschiedenen Weltgegenden nach Naturkatastrophen zu helfen.
Schon in den frühen 60er Jahren gehörte Carole King als Lohnschreiberin zu den wichtigsten Songwritern des Hitparaden-Pop. Gemeinsam mit ihrem damaligen Mann Gerry Goffin komponierte sie Popjuwelen wie „Loco-Motion", „One Fine Day" oder „Natural Woman", bevor sie 1968 ihre eigene Karriere als Selbstinterpretin begann. Im Stile dieser DooWop- und Rhythm'n'Blues-Songs ist auch das neue Ladies-Trio „Girls With Guitars" unterwegs. Die gemeinsame Leidenschaft für Blues, Rock'nRoll und Soul ist die musikalische Klammer der drei jungen Sängerinnen, Gitarristinnen und Songschreiberinnen Samantha Fish, Cassie Taylor und Dani Wilde.
„Tapestry", dieses musikalisch-inhaltlich durchweg überzeugende Album machte Carole King vor 40 Jahren zur Vorreiterin der Woman-Power im Pop, was nicht nur die Qualität der Songs anging, sondern eben auch die damals, zu Zeiten der absoluten Männervorherrschaft in Pop und Rock kaum für möglich gehaltene Quantität des Erfolges. Zwar gab es damals und zuvor auch schon andere starke Frauen-Persönlichkeiten, um nur Joan Baez, Joni Mitchell, Melanie, oder Aretha Franklin zu nennen, doch keine andere hatte nur annähernd so viel Erfolg wie Carole King 1971. Erst Alanis Morissette gelang es, Ende der 90er Jahre den Verkaufsrekord von „Tapestry" zu übertreffen.
Von der inzwischen 70-jährigen Joan Baez erschien soeben als Wiederveröffentlichung ihr großartiges Album „Play Me Backwards" von 1992, das damals für einen Grammy nominiert war. Die Neu-Edition enthält auf CD 2 bislang unveröffentlichte Demos, die Joan Baez alleine, nur zu ihrer Gitarrenbegleitung eingesungen hat.
Carole King (1971), Joan Baez (1992/2011), Kate Bush, Heather Nova, Marianne Dissard, Girls With Guitars und Meike Koester (alle 2011): der heutige Kramladen schlägt einen Bogen über 40 Jahre weiblicher Singer/Songwriter-Geschichte, von „Tapestry" zu „"Seefahrerherz", von King zu Koester.

Playlist zur Sendung v. 14.04.2011

Artist / Track / Album / Label
1. L. Shankar / Darlene (Kramladen-Themamusik) / Touch Me There / Zappa Records
2. Kate Bush / Deeper Understanding / Director's Cut / Fish People / EMI
3. Carole King / I Feel The Earth Move / Tapestry - Legacy Edition / Ode Records / Epic / Legacy / Sony-BMG
4. Joan Baez / Play Me Backwards / Play Me Backwards (Collectors Edition 2011) / Bobolink / Proper records
5. Rod Stewart / So Far Away / Tapestry Revisited A Tribute To Carole King / Lava Records / Warner Music
6. Carole King / So Far Away / Tapestry - Legacy Edition / Ode Records / Epic / Legacy / Sony-BMG
7. Meike Koester / Whatcha Gonna Do Now / Seefahrerherz / eve's apple music production / in-akustik
8. Carole King / It's Too Late / Tapestry - Legacy Edition / Ode Records / Epic / Legacy / Sony-BMG
9. Heather Nova / Higher Ground / 300 Days At Sea / Embassy Of Music
10. Carole King & James Taylor / You've Got A Friend / Live at the Troubadour download
11. Girls With Guitars Samantha Fish, Cassie Taxlor ,Dani Wilde / Are You Ready /Girls With Guitars Ruf Records
12. Marianne Dissard / The One And Only / L'abandon / Le Pop Musik / groove attack

 

Rückblick auf Kramladen in ByteFM am Donnerstag 31.03.11 23-24 Uhr Thema: "Die arabische Revolution" - aus der Sicht der Weltmusik-Pioniere Dissidenten, die zur Zeit in Kairo Musik für ein neues Album aufnehmen und die ägyptische Revolution hautnah miterlebt haben. Über ihre Erlebnisse und Eindrücke in Kairo berichten die Dissidenten exklusiv im Kramladen. PlaylistAudio;Dissidenten

Kramladen in ByteFM am Donnerstag 31.03.2011 von 23-24 Uhr (Wiederholung Samstag 02.04.2011 14-15 Uhr) Thema: 

"Arabellion" - Die arabische Revolution - und die Sicht der Weltmusik-Pioniere Dissidenten

„Ich habe mich entschieden, über das Unrecht zu sprechen / auch wenn mich viele gewarnt haben", diese Zeilen stammen aus einem Rap des jungen tunesischen Musikers Hamada Ben-Amor, der sich „El Général" nennt, und dessen aufrührerischer HipHop „Rais Lebled", zu deutsch „Chef meines Landes", zu einer Art Hymne der jungen arabischen Rebellen aufstieg. Der Protest-Rap des tunesischen Studenten richtet sich direkt an den „Chef" seines Landes, den Despoten Ben Ali, der durch den tunesischen Volksaufstand, die „Jasmin"-Revolution, aus dem Amt gejagt wurde. Der aufbegehrende Rapper „El Général", der die Ungerechtigkeiten und Missstände in Tunesien unter Ben Ali unmissverständlich anprangerte, traf den Nerv tausender junger Tunesier und - darüber hinaus - vieler junger Menschen in den arabischen Nachbarländern. Die arabische Revolution der letzten Wochen wird vor allem von der jungen Generation vorangetrieben. Die Mehrzahl der revoltierenden Araber ist unter 30 Jahre alt. Für ihre Widerstands-Bewegung gegen die Regime ihrer Länder sind Rapper wie „El Général" in besonderer Weise emotionalisierend und identitätsstiftend, weil ihr Unbehagen und ihr Protest eine gemeinsame Stimme erhält. Popmusik ist das eine Bindeglied in der aufbegehrenden arabischen Jugendbewegung, das andere sind die sozialen Netzwerke im Internet. Über Facebook und Twitter nehmen die jungen Leute untereinander Kontakt auf und verabreden sich zu Demonstrationen.
Was Mitte Januar in Tunesien begann, hat sich als Protestwelle längst auf einen Großteil der arabischen Welt ausgedehnt. Die Demokratiebewegung erfasste inzwischen, wenn auch in unterschiedlicher Intensität, viele Länder: Ägypten, Algerien, Marokko, Jordanien, Syrien, Jemen, Bahrain, Saudi-Arabien und - derzeit in blutiger Konsequenz - Libyen, wo der Machthaber Gaddafi mit brutaler Gewalt gegen sein eigenes Volk vorgeht. Im Netz wird Gaddafi derweil lächerlich gemacht. Auf YouTube kursieren parodistische Popversionen der abstrusen Fernsehauftritte und Kampfparolen des ebenso gefährlichen wie skrupellosen und scheinbar verrückten Noch-Diktators.
Der wachsende Widerstand gegen die autoritären Systeme in den arabischen Staaten hat fast überall die gleichen Ursachen: die Unterdrückung der Meinungsfreiheit und Einschränkung der bürgerlichen Rechte, die Willkür des Machtapparats, die Kluft zwischen dem Reichtum der Wenigen und der Armut der Vielen, die himmelschreiende Korruption und die Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit vor allem der jungen Generation.
Die Wichtigkeit der Popmusik für die Protestbewegung hat der marokkanische Musiker Majid Bekkas so formuliert: „Popmusik, und damit meine ich nicht nur Rap, hat sich heute als Protestkultur einen hohen politischen Stellenwert erarbeitet." Und der in Norwegen lebende, aus Casablanca stammende Musiker Michy Mano ergänzt: „Die jungen Musiker erkämpfen ein Stück mehr Freiheit für alle Marokkaner." (zitiert nach „Soundtracks einer Revolution", aus taz v. 15.02.11)
Schon seit den Tagen der friedlichen Revolution in Ägypten hält sich die deutsche Worldbeat-Gruppe Dissidenten in Kairo auf. Neben ihrer Probenarbeit mit ägyptischen Musikern der Gruppe Jil Jilala haben die Dissidenten mit ihren Gastgebern natürlich auch intensiv über den Umsturz in Ägypten, den sie hautnah miterlebt haben und über die Demokratiebewegung in der arabischen Welt diskutiert. Uve Müllrich, Gründungsmitglied der Dissidenten, berichtet im Kramladen über die Eindrücke und Erlebnisse der Dissidenten in Kairo und entwirft Perspektiven für die künftige Entwicklung - politisch, wirtschaftlich und kulturell. Die Kernsätze seiner Analyse lauten:
„Durch diese Revolution weht ein Atem von Religion, der sich nicht mit dem Jenseits beschäftigt, sondern mit der Transformation des Hier und Jetzt. / Ein uralter Slogan der Islamisten lautet: „Islam ist die Lösung!", die Demonstranten auf dem Tahrir-Platz in Kairo machten sich lustig darüber, indem sie riefen: ‚Tunesien ist die Lösung!' / Was Osama Bin Laden und seine ägyptischen Franchise Holder angeht: Sie haben nichts mit den Entwicklungen der vergangenen Wochen zu tun. / Wenn diese arabische Revolution von 2011 ein Erfolg wird, wird sich ein verändertes ökonomisches Weltsystem herausbilden, das sich fundamental vom heutigen globalen, politischen und ökonomischen Status Quo unterscheidet" (Dissidenten / Uve Müllrich).
Natürlich wird in dieser Kramladenstunde auch viel aktuelle Musik - nicht nur von den Dissidenten - zu hören sein, Musik aus Ägypten, Marokko, Algerien, Tunesien.

 Playlist zur Sendung "Arabellion" am 31.03.11

Artist / Track / Album / Label
1. L. Shankar / Darlene (Kramladen-Themamusik) / Touch Me There / Zappa Records
2. Tamikrest / Tidit / Toumastin / Glitterhouse Records
3. Marcel Khalifé / Speak Up / Protest - Songs Of Struggle And Resistance / Ellipsis Arts
4. Dissidenten & Jil Jilala / Song 4 A Rainbow - Make Wars History / Tanger Sessions / Exil Musik
5. Dissidenten & Jil Jilala / Truth Is The Only Religion / Tanger Sessions / Exil Musik
6. Mohamed Mounir / Batib Aleki / Mohamed Mounir / Line records
7. El Général / Rais Lebled / El Général / download
8. Dissidenten & Jil Jilala / Gun Factory / Tanger Sessions / Exil Musik
9. SONiA & Disappear Fear / Shorashim / Tango / Disappear Records
10. Dissidenten & Jil Jilala / Fata Morgana / Tanger Sessions / Exil Musik
11. Orient Expressions / Istanbul 1:26 a.m. (Hintergrundmusik) / Divan / Doublemoon

 

Playlist zur Sendung hr-madhouse am 31.03.11 von 21-22 Uhr zum Thema Festival "PREMIUM ROCK - Pink Floyd meets New Artrock" und eine kurze Geschichte des Artrock - mit Studiogast VR (Musikauswahl und Co-Moderation)

01 „The Court Of The Crimson King" / King Crimson
CD-Obertitel „In The Court Of The Crimson King"

02 „Electric Leaves" / Kaipa
CD-Obertitel „MindRevolutions"

03 „The Reactor-Song" / Eclipse Sol-Air
CD-Obertitel „Bartok's Crisis"

04 „Don't Go" / Yes
CD-Obertitel „Magnificationl"

05 „Money" / Floyd Reloaded
DVD-Obertitel „Live in Wroclaw 2010"

06 „The Carpet Crawlers 1999" / Genesis
CD-Obertitel „Turn It On Again"

07 „Warning Walls" / Waniyetula
CD-Obertitel „Out Of Space - Out Of Time"

08 „Sound Of Muzak" / Porcupine Tree
CD-Obertitel „In Absentia"

09 „Beautiful People" / Krabat
CD-Obertitel „Waiting For The Next Big Thing"

 

Kramladen in ByteFM am Donnerstag 17.03.2011 von 23-24 Uhr (Wiederholung Samstag 19.03.2011 14-15 Uhr) Thema: 

No Nukes - zur Geschichte der Anti-Atom-Songs

Seit in Fukushima die Atommeiler reihenweise explodiert sind, ist das Ende des AKW-Zeitalters eingeläutet. In Demokratien mit kritischer Presse und gut informierter Öffentlichkeit wird nach der Katastrophe in Japan das sogenannte Restrisiko einer letztlich nicht beherrschbaren Technologie nicht länger hingenommen werden. Als hätte es noch eines letzten Beweises bedurft, haben das Erdbeben und der Tsunami auf verheerende Weise klargemacht: die Natur hält sich nicht an willkürliche Sicherheitsregeln.
Die Skepsis bis Ablehnung der Atomkraft gegenüber hat in der Pop- und Rockmusik eine lange Tradition. Das umfangreiche Songbuch der Anti-Atom-Protestlieder ist ein wichtiger Bestandteil einer 50-jährigen Protestkultur. Das reicht vom Song über den atomaren Fall-out „What Have They Done To The Rain" von Malvina Reynolds aus dem Jahre 1962 bis zu dem aktuellen Atom-Rap „Wir kommen mit Fakten" der HipHop-Gruppe Boten der Kultur aus Saarbrücken. Kaum ein gesellschaftskritischer Songschreiber, von Bob Dylan bis Bono, der nicht das Thema der atomaren Bedrohung musikalisch aufgegriffen hätte. Und selbst von Bands, von denen man es nicht erwartet hätte, kamen eindeutig kritische Stellungnahmen. „Ich hab' den Harrisburg-Blues", sang David Clayton Thomas, Frontman der US-Jazzrockband Blood Sweat & Tears 1980 im "Nuclear Blues": "Was glaubst du, wohin die Welt treibt, was meinst du, was der Mensch noch tut? Ich hab' den Blues, den Kann-nichts-tun-Paranoia-Nuklear-Blues". Und die Band CCR verbreitete Endzeitstimmung in ihrem textlichen Menetekel-Song „Bad Moon Rising" von 1985. Der Text sprach von Erdbeben, Überschwemmungen, entfesselten Naturgewalten und Visionen des Schreckens unter einem bösartigen Mond.
Angesichts der nuklearen Katastrophe von Fukushima hat die deutsch-französische Symphonic Rockband Eclipsed Sol-Air soeben einen Benefiz-Song veröffentlicht. Der Bandleader und Songschreiber der Gruppe, Philippe Matic-Arnauld de Lion, wurde vor 25 Jahren, am Tag des Super-GAU von Tschernobyl geboren. Diese Koinzidenz inspirierte ihn zu dem „Reactor Song", dessen Verkaufserlöse an die Strahlenopfer von Fukushima gespendet werden sollen. War Tschernobyl schon ein großes Thema in der Pop/Rockmusik gewesen, nicht nur im gleichnamigen Song von Wolf Maahn, so wird sich erst recht das Nuklear-Desaster von Fukushima in künftigen Songs niederschlagen.
Als hätte sie die Flucht vor atomarer Strahlung, wie jetzt aus japanischen Städten berichtet wird, vorausgeahnt, sang schon 2008 die österreichische „Laptop-Liedermacherin" Eva Jantschitsch, die ihr Elektropop-Projekt Gustav nennt, zum Rhythmus eines tickenden Geigerzählers „Verlasse die Stadt". David Crosby und Graham Nash nahmen sich 2004 auf sarkastische Weise dem weltweit ungelösten Thema der Endlagerung radioaktiver Abfälle an. Sie griffen eine wahre Geschichte auf, nach der eine Schürfgesellschaft ausgerechnet in einem Berg buddeln wollte, in dem vor langer Zeit radioaktiver Müll vergraben worden war. Deshalb der sarkastische Refrain: „Don't Dig Here".
Die britische Neo-Progrockband Arena veröffentlichte 2003 einen Song, der eine bedrückende aktuelle Brisanz formuliert. In deren Song „Tsunami" heißt es im Text: „Eine Riesenwelle rast durch die Dunkelheit. Die Gischt schlägt tiefe Wunden in die Küste. Es gibt kein Entrinnen, kein Verstecken, kein Weglaufen." Der Begriff Tsunami steht in diesem Song auch als Metapher für eine nahende Umweltkatastrophe, die von der Menschheit selbst ausgelöst wurde. Die todbringende Tsunami-Welle habe ihren Ursprung in den Köpfen, im Bewusstsein der Menschen.
Und wie zu jedem Menschheitsdrama, so auch zur japanischen Atom-Katastrophe, liefert der Sting-Songklassiker „Fragile" Trost und ist zugleich auch Mahnung: „Unaufhörlich wird der Regen fallen / Wie Tränen von einem Stern / Unaufhörlich wird der Regen uns sagen / Wie zerbrechlich wir sind."

Playlist zur Sendung "No Nukes" vom 17.03.11

Artist / Track / Album / Label  / Zeitplan (im Sendungsablauf)
1. L. Shankar / Darlene (Kramladen-Themamusik) / Touch Me There / Zappa Records 00:19
2. Rainer Von Vielen / Die Wahrheit ist ein Virus / Live @ Bavarian Open / Ebensomusik/ Pate records 02:31
3. Blood Sweat & Tears / Nuclear Blues / Nuclear Blues / Far Out Productions 09:58
4. Nummer 3 / Das Atomkraftwerk / Nummer 3 / download 16:06
5. Wolf Maahn und Unterstützung / Tschernobyl (Das letzte Signal) / WAAhnsinn / EMI 20:05
6. The Searchers / What Have They Done To The Rain / All The Hits ... And More / EMI 30:37
7. Peter Gabriel / Red Rain / So / Realworld / Virgin 35:05
8. James Taylor, Carly Simon & Graham Nash / The Times They Are A-Changing / No Nukes / Asylum / WEA 39:06
9. Creedence Clearwater Revisited / Bad Moon Rising / Recollection  /SPV 43:21
10. Boten der Kultur / Wir kommen mit Fakten / Boten der Kultur / download 46:55
11. Eclipsed Sol-Air / Reactor Song / Eclipsed Sol-Air / download 53:06
12. Arena / Tsunami / Contagion / Verglas /SPV 58:00

"P.S.: Der beste Leserbrief der letzten zehn Jahre aus dem SPIEGEL geht so: "Majak, Sellafield, Harrisburg, Tschernobyl, Forsmark, Fukushima. Nach mathematischen Berechnungen von Atomexperten kann ein ernst zu nehmender Unfall höchstens alle 100 000 Jahre geschehen... Da sieht man mal, wie schnell die Zeit vergeht" Kurt Lennartz aus Aachen" (Danke Anja für dieses Post Scriptum)

 

Kramladen in ByteFM am Donnerstag 03.03.2011 von 23-24 Uhr (Wiederholung Samstag 05.03.2011 14-15 Uhr) Thema:

Alles nur geklaut? - Plagiat oder Zitat? - über den geistigen Diebstahl in der Popmusik

Wie kam Dr. Motte zu seinem Doktortitel? Und was bitte ist mit Dr. Dre, Dr. John oder Professor Longhair? Welche Bedeutung hat geistiger Diebstahl in der Popmusik? Die Fans klauen wie die Raben, kaum ein Song ist vor ihnen sicher. Doch wie verhält es sich bei den Musikern? Unterläuft ihnen auch mal der eine oder andere „gravierende handwerkliche Fehler"?
Haltet den Dieb - aber nicht für blöd. Mancheiner weiß genau, was er tut.
Die einen covern, die andern klauen, die nächsten recyclen, wieder andere zitieren, die übernächsten lassen sich inspirieren. Es gibt Nachahmer, Plagiatoren und Epigonen. Es gibt dreiste Diebe, die Abgekupfertes zu Gold machen, clevere Ausleiher, die niemals stehlen, höchstens ein klein wenig ausborgen und gewitzte Alchimisten, Klangmonteure, die Entwendetes neu überarbeiten. Allen ist gleich, dass ihre Musik nach jemand anderem klingt - nach dem Urheber, dem Original.
Die Geschichte der Popmusik ist voll von Plagiatsvorwürfen - um nur an George Harrison zu erinnern, dessen Nummer-1-Hit vor 40 Jahren „My Sweet Lord" wie eine Blaupause des Songs „He's So Fine" von The Chiffons klang - oder: Bushido musste sich 2009 vor Gericht verantworten, weil er bei 16 Titeln musikalisch „zitiert" haben soll, aber sich selbst als Urheber ausgab. Seine Strafe: 63.000 Euro. Aktenkundig wurde der Musikklau unter anderem auch bei den Welthits „The Lion Sleeps Tonight" und „Lambada", bei Michael Jacksons Hit „You're Not Alone" und bei dem Achtziger-Jahre-Hit „Down Under" von Men At Work - bei letzterem Song beziehen sich die Vorwürfe allerdings nur auf ein kurzes Melodiethema. Ein Gerichtsverfahren gegen Prince, der seinen Song „The Most Beautiful Girl In The World" ebenfalls abgekupfert haben soll, ist noch anhängig. Vor zwei Jahren warf der renommierte Gitarrist Joe Satriani der britischen Band Coldplay vor, sie habe grundlegende Passagen seines Song „If I Could Fly" in ihrem Erfolgstitel „Viva La Vida" übernommen. Melodische Ähnlichkeiten zwischen den beiden Titeln von Satriani und Coldplay sind zwar vorhanden, doch der Vorwurf eines vorsätzlichen Plagiats scheint in diesem Falle abwegig zu sein.
Die Grenzen zwischen bewusstem geistigem Diebstahl, unbewusstem Übernehmen von fremden Ideen und kreativem Verarbeiten inspirierender Vorlagen sind fließend und meistens sogar noch nicht mal von Urheberrechts-Sachverständigen vor einem ordentlichen Gericht zu klären. Oftmals sind Musik-Diebe im Grunde Fans, die ihren Vorbildern nacheifern. Was man sich aneignet, das schätzt man in der Regel. So sind viele Plagiate im Pop bei genauerem Hinsehen im Grunde eine Hommage an den Beklauten.
Hört man den holländischen Singer/Songwriter Ad Vanderveen, denkt man sofort, hier sei ein Neil Young-Klon unterwegs. Das neue Album der neuseeländischen Band The Ruby Suns klingt mal nach Beach Boys, mal nach Beatles - nur bei weitem nicht so gut.
Die US-Band The Brandos liebäugelt auf ihrem Album „Over The Border" mit dem Sound von Kinks und CCR. Das Debut-Album des Aufsteigers unter den Singer/Songwritern des Jahres 2007 Ben Hamilton (der inzwischen wieder in der Versenkung verschwunden ist) enthält einen Song, dessen Refrain Peter Gabriel's Songklassiker „Mercy Street" zum Verwechseln ähnlich ist.
Produktpiraterie ist ein Riesenthema im globalen Business. Diebische Elstern gibt's überall. Auch im Pop werden es immer mehr. Manche dieser Pop-Elstern klauen und zwitschern sogar hörenswert. Aber einen Doktor-Titel würde sich keiner erschwindeln. Den Doktor heftet man sich einfach ans Revers - als ironisch gemeinter Künstlername.

Playlist zur Sendung "Alles nur geklaut - Plagiat oder Zitat?" vom 03.03.11
Artist / Track / Album / Label
1. L. Shankar Darlene (Kramladen-Themamusik) Touch Me There Zappa Records
2. Dr. John and The Lower 911 Feel Good Music Tribal Proper / Rough Trade
3. Ringsgwandl Professor Vogelwild Trikont
4. Orbis Mundi North Of Malin Adia Strange Ways
5. John Fogerty Nobody's Here Anymore Déjà Vu All Over Again Geffen
6. The Brandos He's Waiting (Ausschnitt) Over The Border Blue Rose
7. The Brandos Over The Border Over The Border Blue Rose
8. Bob Geldof One For Me Sex, Age & Death Eagle Records
9. Cassie Taylor Memphis (Ausschnitt) Blue Hypertension
10. Gilbert O'Sullivan Here's Why (Ausschnitt) Gilbertville Hypertension
11. Shania Twain C'est La Vie (Ausschnitt) Up Mercury
12. Steve Miller Band Rock'n Me The Very Best Of Arcade
13. George Harrison My Sweet Lord Let It Roll - Songs by George Harrison Apple / Parlophone
14. The Chiffons He's So Fine Downtown Girls & Uptown Ladies Big Beat
15. Ad Vanderveen Lottery Of Love / Cry The Moment That Matters Blue Rose
16. Ben Hamilton Chain Of Love Ben Hamilton Labels / EMI
17. Kraan Neu-Rosenheim Suite (Hintergrundmusik) Diamonds Bassball Recordings / 36music.de

 

 

 

Kramladen in ByteFM am Donnerstag 17.02.2011 von 23-24 Uhr (Wiederholung am Samstag 19.02.2011 14-15 Uhr, Thema:

Zorn, Wut, Empörung - Songs zur aktuellen Protestbewegung

„Tage des Zorns" in der arabischen Welt, „Wutbürger" in Stuttgart und anderswo, Empörung über das unwürdige, taktische Parteiengezänk um die Hartz-4-Reform - mit Unmut, Widerstand und Protest wehren sich Bürger in immer mehr Regionen gegen Willkür, Arroganz und Ignoranz der Obrigkeiten. In Tunesien und Ägypten hat das Volk in friedlichen Revolutionen ihre Despoten vertrieben. In anderen arabischen und afrikanischen Ländern gärt es unübersehbar. Der Ruf nach Freiheit und Demokratie wird immer lauter.
In diese zornige Aufbruchsstimmung, die fast überall spürbar ist und sich zunehmend ausbreitet, die viele Menschen in totalitären Staaten erfasst hat und auch in den westlichen Demokratien die Bürger gegen ihre politischen Eliten aufbegehren lässt, in diese Zeit einer seit langem nicht mehr gekannten Protestbewegung trifft der Aufruf „Empört Euch!" auf offene Ohren.
Der 93-jährige Deutsch-Franzose und Widerstandskämpfer in der Résistance gegen Hitler-Deutschland Stéphane Hessel hat eine Protestschrift veröffentlicht, die erst in Frankreich für Furore sorgte und nun auch in Deutschland mit großem Interesse aufgenommen wird. Der kämpferische Veteran empört sich in seiner Streitschrift mit dem Titel „Empört Euch!" über Finanzhasardeure, Fremdenhass, soziale Ungerechtigkeit und die immer größer werdende Kluft zwischen Arm und Reich. Sein Credo lautet: „Am Ende ist die Hoffnung stärker", vorausgesetzt, man empört sich und geht mit Engagement gegen die Missstände vor.
So mancher Protestsong der vergangenen 50 Jahre hat sich empört, hat angeklagt und aufgeklärt. Aus dem geschichtsträchtigen Songbuch der Protestlieder hören wir im rebellischen Kramladen Klassiker des Genres und weniger Bekanntes - von Dylan und Billy Bragg bis zu den Ärzten und DJMDG (Der Junge Mit Der Gitarre) mit seinem Grundsatz-Statement: „Hallo, worum geht's? Ich bin dagegen!"

Playlist zur Sendung vom 19.02.2011 "Zorn, Wut, Empörung"

Artist Track Album Label
0. diverse Montage Revolution
1. L. Shankar Darlene (Kramladen-Themamusik) Touch Me There Zappa Records
2. Steve Earle The Revolution Starts ... Now The Revolution Starts ... Now Artemis Records / Ryko
3. Marcel Khalifé Speak Up Protest, Songs Of Struggle And Resistance From Around The World Ellipsis Arts
4. Mellow Mark Konfrontation Aufmucken gegen Rechts Lieblingslied Records
5. Die Ärzte Rebell Rebell Universal
6. Baaziz God Bless(e) America Protest, Songs Of Struggle And Resistance From Around The World Ellipsis Arts
7. Barry McGuire Eve Of Destruction History Of Pop 1964 - 1966 Reader's Digest
8. FSK Flagge verbrennen (Regierung ertränken) The Sound Of Music Sub Up Records / EFA
9. Procol Harum Wallstreet Blues The Well's On Fire Eagle Records
10. Del Amitri Nothing Ever Happens (Akzent) Del Amitri A&M Records
11. Mzwakhe Mbuli Ndimbeleni (Ausschnitt) Protest, Songs Of Struggle And Resistance From Around The World Ellipsis Arts
12. Grant Hart Maters Of War Oevrevue Rough Trade / Hazelwood
13. DJMDG (Der Junge Mit Der Gitarre) Hallo Worum Geht's Ich Bin Dagegen Dagegen Edel
14. Gregor Hilden Slabo day (Hintergrundmusik) Sweet Rain Acoustic Music / Zomba 

 

Kramladen in ByteFM am Donnerstag 03.02.2011 von 23-24 Uhr (Wiederholung Samstag 05.02.2011 14-15 Uhr) Thema:

Ray Davies & Friends

Vor 50 Jahren gründete er gemeinsam mit seinem Bruder Dave seine erste Band, genannt The Ray Davies Quartet, der später, Anfang 1962, kurzzeitig ein gewisser Rod Stewart als Sänger angehörte. Nach der Umbenennung in „The Ravens" konnte die Band der Davies-Brüder erste Live-Erfolge verbuchen, doch mit der Namensänderung in The Kinks gelang 1964 der Durchbruch. „You Really Got Me", erschienen im August 1964, nahm den Heavyrock späterer Jahre vorweg und war der erste Nummer 1-Hit der Kinks, geschrieben von Ray Davies. Der Kopf der Kinks gilt als einer der wichtigsten Songschreiber der Popgeschichte. Sein Name wird in einem Atemzug mit den besten Songautoren der Pop/Rock-Historie genannt: Lennon/McCartney, Jagger/Richards und Pete Townshend.

In „Well Respected Man karikierte er das gutsituierte Spießertum, im sozialkritischen „Dead End Street" beschrieb er das Elend der Arbeitslosigkeit. In „Dedicated Follower Of Fashion" hielt er der Eitelkeit und dem Modetrip seiner eigenen Generation den Spiegel vor. Im Gassenhauer „Lola" sang er anstößig von einer sexuellen Beziehung mit einem Transvestiten. Und mit „Waterloo Sunset" schrieb er eines der schönsten Liebeslieder an das Leben in einem paradiesisch schönen, doch flüchtigen Augenblick.

Einige dieser Lieder hat Ray Davies gemeinsam mit Freunden neu aufgenommen und im November unter der Überschrift „See My Friends" (Titel eines Kinks-Hits von 1965) sozusagen als Tribute-Album an sich selbst veröffentlicht. Ray Davies hat 15 Freunde - mindestens. Jedenfalls hat er jeden der 15 Song-Klassiker aus seiner Schreibe mit einem anderen Freund (oder Freundeskreis) neu bearbeitet, darunter finden sich solch illustre Namen wie Bruce Springsteen, Metallica, Jon Bon Jovi, Jackson Browne, Billy Corgan, Amy MacDonald, Mando Diao und andere. Die ersten Reaktionen auf diese Mischung aus Retrospektive und Coveralbum der besonderen Art fielen höchst unterschiedlich aus. Joachim Hentschel schrieb im deutschen Rolling Stone einen Verriss. Andere Rezensenten quittierten den „Altherren-Rock" mit einem „Achselzucken", oder lobten das Album als „außergewöhnlich" oder gar „schlichtweg fantastisch". Nach Meinung des Kramladen-Gastgebers liegt die „Wahrheit", wie so oft, irgendwo in der Mitte. Die besseren Songs des Albums „See My Friends" und im Vergleich dazu ein paar Kinks-Originale werden in dieser Kramladen-Stunde zu hören sein.

Playlist zur Sendung Ray Davies
Artist Track Album Label
1. L. Shankar Darlene (Kramladen-Themamusik) Touch Me There Zappa Records
2. Ray Davies feat. Bruce Springsteen Better Things See My Friends (VÖ Nov. 2010) Universal
3. Kinks To The Bone To The Bone Guardian / EMI
5. Ray Davies That Old Black Magic / Tired Of Waiting The Storyteller Konk / EMI
6. The Kinks Tired Of Waiting Kinks-Size Edel
7. Ray Davies feat. Gary Lightbody Tired Of Waiting See My Friends Universal
8. The Kinks Well Respected Man Kinks Kingdom / The Kinks All The Hits EMI
9. Kinks I'm Not Like Everybody Else To The Bone Guardian / EMI
10. The Kinks You Really Got Me The Kinks All The Hits ... and More EMI
11. Metallica You Really Got Me See My Friends Universal
12. The Kinks All Day And All Of The Night The Kinks All The Hits ... and More EMI
13. Ray Davies feat. Billy Corgan All Day And All Of The Night See My Friends Universal
14. The Doors Hello I Love You The Very Best Of Rhino /Warner Music
15. The Kinks Waterloo Sunset The Kinks All The Hits ... and More EMI
16. Jackson Browne Waterloo Sunset See My Friends Universal
17. The Kinks Sunny Afternoon The Kinks All The Hits ... and More EMI
18. Amy MacDonald Dead End Street See My Friends Universal
19. Ray Davies Set Me Free (Hintergrundmusik) The Storyteller Konk / EMI

 

Kramladen in ByteFM am Donnerstag 20.01.2011 23-24 Uhr (Wiederholung am Samstag 22.01.2011 14-15 Uhr):

„Play On ...."  Paul Millns und KRAAN

„Wenn Musik Nahrung für die Liebe ist, dann spiel weiter, immer weiter, bis zum letzten Ton", so heißt es im Text des Songs „Play On" aus dem Album „Footsteps" von Paul Millns. Die CD hinterließ tatsächlich nur wenige Fußspuren im Popbusiness, wurde genau vor 10 Jahren veröffentlicht und ging völlig unter. In diesem Kramladen soll an diese wunderbare Songkollektion des britischen Singer/Songwriters Paul Millns erinnert werden. Er erzählt Songgeschichten über Menschen, die wir nicht kennen, aber deren Lebensumstände einem sehr bekannt vorkommen. Es sind kleine Erzählungen über Freunde, die man aus den Augen verloren hat, über Nachbarn, die Anlässe zur Nachdenklichkeit geben, über alte Bekanne, die man wieder trifft, über den Liebsten, die Partnerin, den Menschen, der einem am nächsten steht - und nicht zuletzt über den Menschen, den man täglich rasiert oder frisiert.

Im Kontrast zu den eher leisen, rein akustisch instrumentierten Liedern von Paul Millns steht das neue Album „Diamonds" von KRAAN, das soeben veröffentlicht wurde. Mit ihrer ungebrochenen Spielfreude, den raffinierten Jazzharmonien und wohlgeformten Melodiebögen, mit ihren unberechenbaren Ideen und überraschenden Wendungen fügen KRAAN der alten Stilform Fusion neue Variationen hinzu.

Zwei unterschiedliche Alben, Konzepte, Stile. Zwei selbstbewusste Ansätze, die zu großartiger und wahrhaft hörenswerter Musik führen: play on ...

Playlist zur Sendung vom 20.01.2011 Thema Play On
Artist Track Album Label
0. Paul Millns Play On Footsteps Acoustic Music Records
1. L. Shankar Darlene (Kramladen-Themamusik) Touch Me There Zappa Records
2. Kraan Zoe's Zoo Diamonds Bassball Recordings
3. Paul Millns Wind From The East Footsteps Acoustic Music Records
4. Paul Millns Halfway Happy Home Footsteps Acoustic Music Records
5. Kraan Akua Diamonds Bassball Recordings
6. Paul Millns World On Your Shoulders Footsteps Acoustic Music Records
7. Paul Millns Another Sunset Ride Footsteps Acoustic Music Records
8. Kraan Club 20 Diamonds Bassball Recordings
9. Paul Millns What She's Doing Now Footsteps Acoustic Music Records
10. Kraan Soul Diamonds Bassball Recordings
11. Kraan Neu-Rosenheim Suite (Hintergrundmusik) Diamonds Bassball Recordings

 

 

 

Alle Themen der vorausgegangenen ByteFM- und hr3-Rebell-Sendungen: siehe Archiv

Artist Track Album Label
1. L. Shankar Darlene (Kramladen-Themamusik) Touch Me There Zappa Records
2. Kate Bush Deeper Understanding Director's Cut Fish People / EMI
3. Carole King I Feel The Earth Move Tapestry - Legacy Edition Ode Records / Epic / Legacy / Sony-BMG
4. Joan Baez Play Me Backwards Play Me Backwards (Collectors Edition 2011) Bobolink / Proper records
5. Rod Stewart So Far Away Tapestry Revisited A Tribute To Carole King Lava Records / Warner Music
6. Carole King So Far Away Tapestry - Legacy Edition Ode Records / Epic / Legacy / Sony-BMG
7. Meike Koester Whatcha Gonna Do Now Seefahrerherz eve's apple music production / in-akustik
8. Carole King It's Too Late Tapestry - Legacy Edition Ode Records / Epic / Legacy / Sony-BMG
9. Heather Nova Higher Ground 300 Days At Sea Embassy Of Music
10. Carole King & James Taylor You've Got A Friend Live at the Troubadour download
11. Girls With Guitars Samantha Fish / Cassie Taxlor / Dani Wilde Are You Ready Girls With Guitars Ruf Records
12. Marianne Dissard The One And Only L'abandon Le Pop Musik / groove attack